Die Heimatbühne hat Tutzing regelrecht verzaubert. In sechs Aufführungen an zwei Wochenenden hat das hoch engagierte Ensemble hunderte Zuschauer sichtlich begeistert. Vielen von ihnen hat es offenkundig gefallen, in einer zunehmend von digitalen Geräten bestimmten Welt mal wieder im Theater gewesen zu sein.
Mit dem Stück „Im Pfarrhaus is der Deife los“ hat die vor 40 Jahren gegründete Heimatbühne ins Schwarze getroffen. Die Geschichte über zwei höchst unterschiedliche Pfarrer und jede Menge Verwicklungen, die sich daraus ergeben, hat das Publikum immer wieder zu Lachsalven hingerissen, aber auch zum Nachdenken angeregt. Auch Tutzinger Lokalprominenz war in den verschiedenen Aufführungen unter den Gästen. So konnte Moderator Diethard Drexler zum Beispiel Vizebürgermeisterin Marlene Greinwald, Gemeinderäte wie Dr. Toni Aigner und Dr. Thomas von Mitschke-Collande sowie Altbürgermeister Peter Lederer begrüßen.
Neue Gags eingebaut - und das ganze Publikum spielt mit
Seit der Premiere sind die Darsteller regelrecht in einen Spielrausch geraten. Auf der Bühne gaben sie sich locker, als wäre das Theaterleben für sie das Normalste der Welt. Schließlich wurden sogar weitere zündende Gags eingebaut. In einer Szene sprach Martin Paukner als Pfarrer Wolf zu den Theaterbesuchern, als seien sie in der Kirche, und zeigte ihnen durch eine Handbewegung, dass sie aufstehen sollten. Das gesamte Publikum in der Klosterturnhalle folgte bereitwillig, und erst nach einer Handbewegung in die andere Richtung setzen sich alle wieder hin. Was für ein Einfall!
Konservative oder moderne Kirche? Das "delikate" Thema sorgt für Gesprächsstoff
Wie der modern eingestellte Pfarrer Wolf für Neuerungen in der Kirche plädierte und der konservative Pfarrer Wummer Änderungen jeder Art ablehnte, das sorgte für angeregte Diskussionen, denn eingepackt in die Komödie waren recht deutliche Äußerungen. Da wurden alte Kirchenlieder als "vor dem Evangelium entstanden" bezeichnet, und es wurde so dargestellt, als könne man mit modernerer Musik oder Gospeln die Kirchen wieder füllen. An anderer Stelle sagt Wolf: „Diese verhärteten mittelalterlichen Methoden haben langsam ausgedient.“ Einmal vertritt er sogar drastisch die Auffassung, in den Kirchen stünden teure "unnütze" Dinge herum, und mit dem Geld könne man viel anderes Gutes tun.
Schon nach der Premiere hatte der Gemeinderat und Historiker Dr. Toni Aigner festgestellt, dass sich die Heimatbühne in diesem Jahr ein "delikates Thema" ausgesucht habe. Auch unter den Zuschauern haben die teils rigorosen Äußerungen zu Gesprächsstoff geführt. Solche Diskussionen bleiben aber in Tutzing nicht aufs Theater beschränkt. Dass die Kirche selbst dafür recht offen ist, war erst kürzlich deutlich geworden. Bei einer Jubiläumsfeier zum 15jährigen Bestehen des Roncalli-Hauses hat der katholische Pfarrer Peter Brummer unter anderem die Namensgleichheit mit dem Zirkus Roncalli erwähnt, der ebenso wie die Tutzinger Pfarrgemeinde Papst Johannes XXIII. - den gebürtigen Giuseppe Angelo Roncalli - als Namenspatron gewählt hat. „Das Haus ist manchmal wie ein Zirkus“, meinte der Pfarrer, „wie das Leben.“ Schon in einer Festschrift zum zehnjährigen Jubiläum des Roncalli-Hauses hatte Pfarrer Brummer klare Worte gewählt: "Dieser Papst hat geholfen, das Gesicht der Kirche wieder einladender, weltoffener, ökumenischer und menschlicher zu gestalten." 15 Jahre Roncallihaus - „Zentrum für Tutzing“ Das klang schon vor fünf Jahren fast wie eine Antwort auf die jetzt vom modernen Pfarrer Wolf im Theaterstück kritisch angesprochenen Fragen.
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