Von Lorenz Goslich

Lachsalven in der Klosterhalle

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Tolles Team: Die Darsteller der Heimatbühne © Volker Herrmann

Supererfolg für die Tutzinger Heimatbühne: Drei Mal hat sie ihr neues Stück „Im Pfarrhaus is de Deife los“ bisher gespielt, drei weitere Aufführungen folgen noch am Wochenende - und besonders die dritte Aufführung war vor ausverkauftem Haus von Begeisterungsstürmen des Publikums durchzogen.

Schon die Premiere am Freitag und die zweite Aufführung am Samstag sind bei den Zuschauern glänzend angekommen. Die dritte Aufführung am Sonntag aber hat alle Erwartungen übertroffen. Aufgrund des großen Andrangs mussten 15 Stühle zusätzlich in die Halle gestellt werden. Die Schauspieler waren in überragender Form, aus dem Publikum gab es eine Lachsalve nach der anderen. Zwischendurch ging der Beifall sogar in euphorisches Trampeln über. Spielleiter Hubert Heirler hat seine Darsteller in diesem Jahr aber auch zu Hochform geführt. Da war der stockkonservative Pfarrer Wummer, herrlich grantelnd gespielt von Sebastian Graba. Oder seine Schwester Mechthild, ebenso perfekt nüchtern gegeben von Claudia Schiffner, die nicht die geringsten Hemmungen hat, ihrem nach Schnitzel lechzenden Bruder „Grünkernpflanzerl mit Vollkorndinkelsprossen und Biokarottensticks in Sojadip“ zu servieren.

Delikates Thema

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Kirchliche Polarisierung: Die beiden Pfarrer - links Martin Paukner, rechts Sebastian Graba - zwischen den Junioren © Volker Herrmann

Was dem Publikum die Tränen in die Augen trieb, war gerade auch der Gegensatz zweier Pfarrer: Hier der gestrige mit Methoden wie dieser: „Wen der Herr liebt, den züchtigt er.“ Dort der übermoderne Pfarrer der ganz anderen Art, dem Martin Paukner wahre Coolness verleiht und der keinen Zweifel lässt: „Diese verhärteten mittelalterlichen Methoden haben langsam ausgedient.“ Dieses Gegeneinander, das gleichzeitig recht nachdenklich stimmen konnte, bildete ein delikates Thema, wie es Toni Aigner später formulierte, einer der Männer der ersten Stunde bei der Heimatbühne. Er hat 1977 schon beim ersten Stück „Der siebente Bua“ auf der Bühne gestanden. Das Team habe es „bravourös“ gelöst, sagte er anerkennend.

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Tutzinger Anklänge

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Rotlichtmilieu im Pfarrhaus: Von links Martin Paukner, Rainer Vogl, Hubert Heirler und Vanessa Heirler © Volker Herrmann

Mit der Polarisierung war auch jede Menge Stoff mit so manchen Tutzinger Anklängen geboten. Auch aus diesem Grund konnte sich jeder Zuschauer dabei denken, was er wollte, und das war von Heirler wohl auch so gewollt. In der Gegensätzlichkeit, die immer weiter getrieben wurde, lag viel anregender Stoff für die Lachmuskeln - so etwa, als im Pfarrhaus plötzlich auch noch diverse Typen aus dem Rotlichtmilieu auftauchten. Ihren Mimen Vanessa Heirler (Jenny), Rainer Vogl (Checker) und Hubert Heirler selbst (Bonzo) war anzusehen, wie es ihnen Spaß machte, die altehrwürdige Umgebung so richtig aufzumischen. Heirler, kahlgeschoren und mit Tattoo plakativ auf der Stirn, hatte in seiner Rolle nicht viel zu sagen, machte aber enorm viel daraus, indem er einfach dämlich vor sich hin grunzte. „Wenn man wenig Text hat, muss man halt zu anderen Mitteln greifen“, schmunzelte er nach der Aufführung - eine kleine schauspielerische Meisterleistung, mit der seiner kleinen Nebenrolle echten Glanz verlieh.

Ähnlichkeiten zum normalen Leben

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Grandiose Einzelleistungen: Von links Claudia Schiffner, Martin Paukner, Vanessa Heirler und Sebastian Graba © Volker Herrmann

Überhaupt war die Aufführung durchzogen von auffallenden Einzelleistungen. Grandios zum Beispiel Michaela Heidler als bigotte Vorsitzende des Kirchenvereins, mit einem gezogenen Tonfall, der selbst dem überstrengen Pfarrer Wummer auf die Nerven ging. Ins Musikalische hinein zog Andrea Zirngibl die Polarisierung, als sie mit Gospeln dem uralten Liedgut entrinnen wollte - ein erst misslungener, dann doch von Erfolg gekrönter Versuch, bei dem durchaus auch manch einer Ähnlichkeiten zum normalen Leben erkannt haben wird.

Geschickte Nachwuchsarbeit

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Die Spielfreude ist ihnen anzusehen: Von links Moritz Aigner, Martin Paukner, Sebastian Graba und Marlene Thun © Volker Herrmann

Bemerkenswert ins Team eingefügt haben sich auch schon die Jüngsten. Moritz Aigner, ein Enkel von Toni Aigner, und Marlene Thun spielten, als stünden sie schon seit Jahren auf der Bühne. So nebenbei zeigt sich an ihnen, was man mit geschickter Nachwuchsarbeit erreichen kann: Die beiden hatten im Ferienprogramm der Heimatbühne erstmals Theaterluft geschnuppert und waren offenbar so begeistert, dass sie mit sichtlicher Begeisterung dabei geblieben sind.

Außergewöhnliche Regie-Einfälle

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Dieses Ensemble kann sich sehen lassen © Volker Herrmann

Abgerundet wurde die Aufführung durch außergewöhnliche Regie-Einfälle. Als plötzlich alle bei Flimmerlicht in Zeitlupe aufeinander einschlugen, schütteten sich die Zuschauer schier aus vor Lachen.

In solchen Szenen wurde beispielhaft deutlich, wie auch das ganze Drumherum perfekt klappte und wie viele Helfer, die sich eher im Hintergrund hielten, blitzsaubere Abläufe ermöglichten. Zu ihnen gehörten für Technik, Beleuchtung, Lautsprecher und Bühnenbild Benjamin Lipp, Klaus Taube, Florian Müller und Kevin Müller, Sylvia Ronneburg als neue Souffleuse und Diethard Drexler, eine der Säulen der Heimatbühne, der diesmal geschickt in die Rolle des Moderators schlüpfte. Noch etliche andere sind dabei, die fürs Organisatorische und nicht zuletzt auch fürs leibliche Wohl der Besucher sorgen. Und nicht zuletzt übrigens etliche der Darsteller selbst, die "nebenbei" auch noch das Team für Technik, Kulissen & Co. ergänzten. Eine echte Tutzinger Gemeinschaftsarbeit.

Weitere Aufführungen

Freitag, 24. November 2017, 19 Uhr
Samstag, 25. November 2017, 19 Uhr
Sonntag, 26. November 2017, 16 Uhr

Der Eintritt kostet für Erwachsene 9 Euro und für Kinder 4 Euro. Kartenvorverkauf in der Reiseagentur Tutzing, Hauptstraße 52. Die Theaterkasse öffnet jeweils eine Stunde vor Beginn der Aufführung in der Mehrzweckhalle des Tutzinger Klosters, Bahnhofstraße.

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Umjubelte Premiere der Heimatbühne

Quelle Titelbild: Volker Herrmann
ID: 167
Über den Autor
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Lorenz Goslich

Wirtschafts- und Lokaljournalist, Diplom-Kaufmann, Dr. oec. publ. Schreibt für diverse Medien und liebt seinen Heimatort Tutzing.

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