Kultur
4.11.2021
Von vorOrt.news

Helene von Rechenberg verlässt Tutzing

Im April wechselt die Kirchenmusikerin nach Füssen - „Musikerin der Champions League“

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Helene von Rechenberg und die von ihr sehr geschätzte Sandtner-Orgel in der Kirche St. Joseph © Björn Marquart

Seit zwölf Jahren ist Helene von Rechenberg in der katholischen Pfarrei St. Joseph für die Kirchenmusik zuständig. Diese Ära neigt sich nun ihrem Ende zu: Am 1. April nächsten Jahres wechselt die gebürtige Münchnerin in gleicher Funktion nach Füssen. Bis dahin wird sie ihre Aufgaben in Tutzing noch weiter wahrnehmen. Da hat sie noch einiges vor, wie sie im Gespräch mit vorOrt.news ankündigt. Festliche Konzerte zur Advents- und Weihnachtszeit sollen ebenso dazu gehören wie eine Andacht mit Chor im Januar und eine Orchestermesse zum Patrozinium, das gleichzeitig ihr Abschlussgottesdienst sein wird.

Tutzings katholischer Pfarrer Peter Brummer bedauert die Entscheidung der Kirchenmusikerin sehr, wie er auf Anfrage sagt. Mit einem „sehr verlockenden Angebot von Füssen“ habe die Tutzinger Pfarrei leider nicht mithalten können, sagt er.

Hintergrund sind recht unterschiedliche Bezahlungen von Kirchenmusikern. In Füssen tritt Helene von Rechenberg eine Kirchenmusikerstelle im vollen Beschäftigungsumfang und in einer höheren Einstufung an. Dagegen handelt es sich in Tutzing um eine so genannte B-Stelle, nicht in vollem Beschäftigungsumfang.

Solche Entscheidungen fallen in der Diözese Augsburg, nicht in den Pfarreien. Helene von Rechenberg hält eine angemessene Bezahlung auch für ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung qualitativ hochwertiger Arbeit und Ausbildung. Sie sieht in Füssen aber auch eine Chance der beruflichen Weiterentwicklung.

Die Stadt im Allgäu, ein Zentrum des europäischen Lauten- und Geigenbaus, ist für ihre historischen Orgeln und prunkvollen Säle berühmt. Von den zahlreichen Touristen glaubt sie viele auch für künstlerische Angebote begeistern zu können.

Neue Akzente im kulturellen Leben von Tutzing

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"Glücksfall für das Kulturleben": Helene von Rechenberg hat im Dezember 2018 den Wilhelm-Hausenstein-Kulturpreis erhalten. Links Bürgermeisterin Marlene Greinwald, rechts Laudator Prof. KIemens Schnorr © L.G.

Als Musikerin genießt Helene von Rechenberg weit über Tutzing hinaus hohes Ansehen. Sie hat international, bis nach China, mit Konzerten auf sich aufmerksam gemacht, Preise bei namhaften Wettbewerben gewonnen und CDs mit Orgelwerken verschiedener Epochen eingespielt. Youtube-Aufnahmen von ihr sind auf der Webseite der Pfarrei St. Joseph verfügbar, ihre Kurse für Barockmusik sind gefragt.

Als die Gemeinde Tutzing sie vor drei Jahren mit dem Wilhelm-Hausenstein-Kulturpreis ausgezeichnet hat, nannte sie der emeritierte Freiburger Musikprofessor Klemens Schnorr eine „Musikerin der Champions League“. Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald bezeichnete sie bei gleicher Gelegenheit als einen „Glücksfall für das Kulturleben der Gemeinde“. Schon Schnorr, bei dem Helene von Rechenberg einst Orgel studiert hat, sprach damals aber auch kritisch das Thema Bezahlung an: Es sei bedauerlich, dass es die finanzielle Situation des Bistums Augsburg nicht erlaube, "auch beim Gehalt auf Champions-League-Niveau zu gehen". Vor ihrem Wechsel nach Tutzing war Wien Helene von Rechenbergs künstlerische Heimat. Sie war unter anderem als Domorganistin in St. Pölten und als Stiftsorganistin in Heiligenkreuz im Wienerwald tätig gewesen.

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Eine gewaltige Besetzung leitete Helene von Rechenberg vor vier Jahren bei den Tutzinger Brahmstagen: 45 Musiker des Philharmonischen Orchesters Stringendo und etwa 90 Mitwirkende des Festivalchors beim Brahms-Requiem © Michaela Schuster

Tutzing hat sie lieb gewonnen, das zeigt sie mit vielen Äußerungen. Sie spricht gern über die zahlreichen musikbegeisterten Menschen in dieser Gemeinde und über die vielen Musiker, die in dieser Gegend wohnen und den kulturellen Charakter der Region mit prägen.

Mit eigenen Initiativen und Vielseitigkeit hat sie im kulturellen Leben von Tutzing neue Akzente gesetzt, so mit der Konzertreihe „Tutzinger Orgelherbst“, dem „Tutzinger Orgelspaziergang“. Sie hat eigene Konzerte gegeben und mit Laien und Profis große Aufführungen gestaltet, vom Brahms-Requiem über das Fauré-Requiem und die Marienvesper von Monteverdi bis zu Bachs Weihnachtsoratorium. Viele erinnern sich gern an ihre Auftritte bei der „Tutzinger Kulturnacht“ oder auch an das „Tabaluga“-Musical vor zwei Jahren, für das sie mit dem Chor die Musik einstudiert hat. Die Arbeit mit ihr genießen umgekehrt die vielen Mitwirkenden, so die 40 Mitglieder des Kirchenchors und die jungen Leute, mit denen sie hoch engagiert die Kinderchöre gestaltet hat. Waltraud Brod, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, zeigt sich dankbar für die langjährige Zusammenarbeit mit der Künstlerin, die sich ihrerseits von allen Beteiligten gut unterstützt fühlt.

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Kommentare

Liebe Frau von Rechenberg, danke für Ihre wunderbare Musik. Alles Liebe und Gute, viel Erfolg. Wir werden Sie vermissen.
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