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Zwischen positiven Signalen und Finanzsorgen

Haushalt der Gemeinde Tutzing: Schuldenabbau, Griff in die Rücklagen, Kreditaufnahme nach 2019

Es war ein wenig wie Zuckerbrot und Peitsche am Dienstag im Tutzinger Gemeinderat. Bei der Diskussion über den mehr als 370 dicken Haushaltsplan mit Haushaltssatzung gab es erst einmal viele positive Bemerkungen. Kritische Äußerungen blieben aber nicht aus.

Gemeinderäte aller Richtungen steuerten zunächst viel Lob für das „hervorragend vorbereitete“ Zahlenwerk bei, wie es Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) formulierte. Ausdrücklich erwähnten mehrere Sprecher dabei die Arbeit der Kämmerin Manuela Goldate und anderer in der Gemeindeverwaltung. Und nicht nur das: Die drei Sitzungen des Haupt-, Finanz- und Werkausschusses im Dezember, auf denen die Gemeinderäte den Entwurf besprochen haben, seien die harmonischsten gewesen, die er in den vergangenen Jahren erlebt habe, sagte Mitschke-Collande: „Wir haben uns praktisch nicht gestritten.“ Besonders anerkennenswert war für ihn, dass die Gemeinde mit den Haushaltsarbeiten diesmal drei Monate früher dran gewesen sei als in den vergangenen Jahren. Auch andere Gemeinderäte aus ganz unterschiedlichen Richtungen stimmten in das Lob ein - von den Freien Wählern (Dr. Toni Aigner) über die Grünen (Bernd Pfitzner) bis zur Tutzinger Liste.

Doch die Kritik folgte auf dem Fuße. Betrachtet werde nur das Jahr 2019, sagte Mitschke-Collande. Die unangenehmen Dinge seien „etwas verdrängt“, Risiken ausgeblendet worden. Und das Risiko einer nachlassenden Konjunktur sei noch gar nicht berücksichtigt. „Wir haben keine Vorsorge für schlechte Zeiten“, monierte auch Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste).

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© Haushaltsplan der Gemeinde Tutzing 2019
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Es gibt durchaus einige positive Signale:

Schulden sinken
Die Schulden, 2015 noch 3,2 Millionen Euro, konnten durch ordentliche Tilgung weiter von 2,5 Millionen auf 2,26 Millionen Euro reduziert werden, und eine weitere Verringerung auf 2,3 Millionen Euro zeichnet sich bis Jahresende 2019 ab. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 227 Euro liegt die Gemeinde Tutzing sehr deutlich unter der durchschnittlichen Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern von fast 800 Euro.

Finanzieller Spielraum
Bei der vorgeschriebenen Zuführung aus dem Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt gibt es zudem eine "freie Spitze" - ein Maßstab für die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Gemeinde. Ein Polster von 125 000 Euro

Gewerbesteuer steigt
Die Gewerbesteuereinnahmen scheinen zu steigen. "Wir bräuchten vier oder fünf Lobsters"

Dagegen stehen jedoch belastende Faktoren:

Reduzierung der Rücklage
Aus ihrer Rücklage von 9,5 Millionen Euro will die Gemeinde aber in diesem Jahr rund 4,7 Millionen Euro entnehmen, so dass nur noch 4,8 Millionen Euro übrig bleiben werden.

Kreditaufnahme erforderlich
In diesem Jahr will die Gemeinde Tutzing zwar keine neuen Kredite aufnehmen. Doch in den Jahren 2020 bis 2022 wird sie sich nach der Finanzplanung mit insgesamt 5,7 Millionen Euro verschulden müssen.

Das alles veranlasste mehrere Gemeinderäte zu besorgten Bemerkungen. „Die Kredite müssen ja bedient werden“, mahnte Behrens-Ramberg. „Wir halbieren unsere Rücklagen - da müssen wir uns etwas einfallen lassen“, sagte Bernd Pfitzner (Grüne). „Wir leben finanzpolitisch über unsere Verhältnisse“, kritisierte Mitschke-Collande, der eine „signifikante Schwäche auf der Einnahmenseite“ beklagte. Nach seiner Auffassung müsste die Gemeinde in ihrem Verwaltungshaushalt eigentlich zwei bis vier Millionen Euro Überschuss erzielen, um damit ihre Investitionen finanzieren zu können: „Wir finanzieren die Investitionen aber weitgehend aus der Entnahme von Rücklagen.“

Im Investitionsprogramm der Gemeinde stehen nämlich für die Jahre 2018 bis 2022 Investitionen von insgesamt rund 21 Millionen Euro. Dabei sind die auf der selben Sitzung bekanntgegebenen 16 Millionen Euro für die Sanierung der Mittelschule noch gar nicht eingerechnet. Lediglich relativ geringe Planungskosten für sie stehen schon im Haushalt.

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© Haushaltsplan der Gemeinde Tutzing 2019

„Unser finanzieller Handlungsspielraum ist nicht groß“, bestätigte Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler). Die Mittelschule und die Erneuerung der Hauptstraße bezeichnete sie als „enorme Herausforderungen“. Als weitere Beispiele für größere Investitionen erwähnte sie Löschfahrzeuge für die Feuerwehren in Tutzing und Traubing, Brückensanierungen, den Brunnen in Kerschlach und Teile der Weilheimer Straße in Traubing.

Den Grund des finanziellen Übels sah Mitschke-Collande in einer zu geringen Steuerkraft der Gemeinde. Sie sei zwar mittlerweile deutlich über dem Niveau von vor fünf oder sechs Jahren, doch Tutzing sei in dieser Hinsicht mit Abstand das Schlusslicht im Landkreis Starnberg.

Dass sich die finanzielle Lage der Gemeinde Tutzing verbessern sollte, darüber schienen sich alle Gemeinderäte einig zu sein. Aber wie genau das geschehen könnte, das blieb auch bei dieser Sitzung ziemlich offen. Behrens-Ramberg sprach wohl für viele, als er an einer schnellen Änderung bei den Einkommen- und Gewerbesteuereinnahmen zweifelte. Reich und arm

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© Haushaltsplan der Gemeinde Tutzing 2019
Quelle Titelbild: L.G.
ID: 1529
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