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Kritische Punkte in der Jahresrechnung

Prüfungsausschuss des Gemeinderats nimmt in einem Bericht etliche Tutzinger Themen genau unter die Lupe

Mehrere Punkte hat der Rechnungsprüfungsausschuss des Tutzinger Gemeinderats in einem Bericht kritisch aufgeführt. Es geht um die Jahresrechnung 2016, die er geprüft hat. Der Ausschussvorsitzende Dr. Ernst Lindl (CSU) hat sich in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats lobend über die Arbeit der Gemeindeverwaltung und der Kämmerin Manuela Goldate geäußert, aber auch eine Reihe von detaillierten Anmerkungen gemacht.

Dabei erwähnte er beispielhaft ein Defizit bei den in Tutzing ansässigen Kinderbetreuungseinrichtungen, das sich auf 1,3 Millionen Euro summiere, Prüfungsbedarf bei der Sanierung der Mittelschule und relativ hohe Fahrtkosten für den Transport von Schülern aus dem Schulsprengel Tutzing zur Traubinger Grundschule.

Der Prüfungsbericht, den informell auch Journalisten erhalten haben, enthält noch weitere Kritikpunkte, die Lindl in seinem öffentlichen Ausführungen nicht oder nur andeutungsweise erwähnt hat. Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) wollte sich auf Anfrage zu all dem unter Hinweis auf die nicht öffentliche Behandlung bisher nicht äußern.

Probleme bei einem von der Gemeinde gekauften Grundstück in Traubing

Einer der vom Ausschuss erwähnten Punkte betrifft ein Grundstück im Ortsteil Traubing, das die Gemeinde vor einiger Zeit für 550 000 Euro erworben habe, um dort ein kleines Gewerbegebiet anzusiedeln. Nach dem Bericht hat sich jedoch nach dem Kauf herausgestellt, dass eine Erschließung des Grundstücks wegen der Beschaffenheit des Untergrunds zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen über ein noch zu erwerbendes Grundstück nicht möglich ist. Zudem verhindere der Untergrund des erworbenen Grundstücks zumindest teilweise eine gewerbliche Verwertung. Die Verwaltung habe im Vorfeld des Erwerbs keine Bodenuntersuchungen durchgeführt. Der Ausschuss bittet die Verwaltung nun darum, bei Grundstückserwerben stets die Notwendigkeit von Bodenuntersuchungen zu prüfen sowie andere Nutzungsmöglichkeiten des betreffenden Grundstücks zu untersuchen.

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Platz für ein neues Gewerbegebiet? Modell des Ortes in der Traubinger Grundschule © L.G.
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Abrechnungen bei der Mittelschule: Sachverhalt wird rechtlich geprüft

In Hinblick auf die Sanierungsarbeiten an der Mittelschule werden in dem Prüfungsbericht die Zahlungen an ein Planungs- und Bauleitungsbüro näher beleuchtet. Mit dem betreffenden Büro seien sechs einzelne Architektenverträge, getrennt nach Bauabschnitten, abgeschlossen worden. Ein Vergabeverfahren sei nicht durchgeführt worden. Nach dem Architektenvertrag sollte das Honorar für jeden Bauabschnitt einzeln ermittelt und abgerechnet werden, wie im Bericht ausgeführt wird. Das Honorar für den Bauabschnitt 1 (Kalenderjahr 2016) wird mit einem fünfstelligen Betrag beziffert, abgerechnet worden sei im Jahr 2016 allerdings bereits ein Betrag in deutlich mehr als der doppelten Höhe für mehrere Leistungsphasen. Nach dem Bericht wurden die Architektenverträge mit dem Planungsbüro im März 2018 gekündigt. Der gemeindliche Rechtsanwalt sei im November 2017 mit der Prüfung des Sachverhalts beauftragt worden. Der Ausschuss weist auch darauf hin, dass die verwendete Honorarordnung für Architekten und Ingenieure 2002 zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr gültig gewesen sei. Die Gemeinde habe aber schon eine Prüfung in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse abzuwarten seien.

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Die Vorarbeiten für die Sanierung laufen schon lange: Grund- und Mittelschule Tutzing © L.G.

Bei den Kitas befürchten die Prüfer weitere Steigerungen des Defizits

Das 1,3-Millionen-Euro-Defizit aus dem Betrieb der im Gemeindegebiet ansässigen Kindertageseinrichtungen könnte sich nach Ansicht der Prüfer wegen des großen Bedarfs an Kinderbetreuung noch erhöhen. Der Ausschuss empfiehlt einen Vergleich mit ähnlichen Nachbargemeinden und eventuell auch auf Ebene des Regierungsbezirks Oberbayern, um bei Abweichungen Gegenmaßnahmen auf der Kosten- und Einnahmenseite prüfen zu können.

Kosten der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit um fast 80 Prozent überschritten

Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde ist unter die Lupe genommen worden. Die Kosten für sie sind nach dem Bericht um fast 80 Prozent überschritten worden. Konkret erwähnt werden das Hosting der Homepage „tutzing.de“ durch ein Unternehmen und die laufende Betreuung eines von der selben Firma erstellten Ratsinformationssystems. Nach Angaben der Gemeindeverwaltung würden seit längerer Zeit von der Firma Leistungen erbracht, die „so nicht gewünscht“ seien. Einen Teil der Aufgaben habe eigentlich eine Mitarbeiterin der Verwaltung übernehmen sollen, doch mit der aktuellen Lösung sei dazu derzeit nur die Firma in der Lage.

Beim Midgardhaus werden die Sitzplätze des Biergartens genauer betrachtet

Einige Punkte erwähnt der Ausschuss in seinem Bericht zum wiederholten Mal. So hat er schon im vorigen Jahr um Aufklärung wegen einiger vertragsrelevanter Aspekte bei der gemeindeeigenen Gaststätte Midgardhaus gebeten. Dabei geht es darum, ob der Vertragspartner seinen vertraglichen Investitionsverpflichtungen nachkommt, ob externe Vermietungen von Mitarbeiterwohnungen im Einklang mit den Verträgen stehen, ob diese Vermietungen zu einer höheren Pacht für die Gemeinde führen und ob die aktuelle Zahl der Sitzplätze im Biergarten der Genehmigung entspricht.

Fahrtkosten zur Traubinger Grundschule: Höhere Beteiligung der Eltern?

Ebenfalls schon im vergangenen Jahr hatte der Ausschuss auf die seiner Meinung nach recht hohen Fahrtkosten von Schülern aus dem Schulsprengel Tutzing zur Grundschule Traubing verwiesen, nämlich rund 60 000 Euro, die die Gemeinde übernimmt. Da die betreffenden Kinder auch die Tutzinger Grundschule besuchen könnten, sollte nach Auffassung der Prüfer eventuell an eine höhere Kostenbeteiligung der Eltern gedacht werden.

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Beliebt auch bei vielen Kindern und Eltern aus dem Tutzinger Zentrum: Grundschule Traubing bei der Jubiläumsfeier in diesem Jahr © L.G.

Café-Sitzplätze auf öffentlichem Grund: Nutzungsentgelt empfohlen

Ausdrücklich erwähnt werden in dem Prüfungsbericht auch privat genutzte öffentliche Flächen. So nehme das Café Reis den Straßengrund in erheblichem Umfang für seine Terrasse in Anspruch. Dafür sollte nach dem Bericht ein Nutzungsentgelt verlangt werden. Beim Gymnasium bittet der Ausschuss darum, für einen möglichst geringen Stromverbrauch der elektrischen Geräte zu sorgen.

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Attraktive Sitzplätze auf öffentlichem Grund: Marienstraße und Leidlstraße © L.G.

Ungedeckte Haushaltsüberschreitungen von mehr als 1,8 Millionen Euro

Insgesamt haben die Prüfer in der Jahresrechnung 2016 ungedeckte Haushaltsüberschreitungen von mehr als 1,8 Millionen Euro festgestellt. Während die Überschreitungen im Vermögenshaushalt gegenüber der Vorperiode 2015 etwa auf die Hälfte gesunken sind, haben sich ungedeckte Haushaltsüberschreitungen im Verwaltungshaushalt nach dem Bericht mehr als vervierfacht. Die Haushaltsansätze seien deutlich verfehlt worden. Die Höhe der notwendigen Zuschüsse durch die Gemeinde wird als enorm bezeichnet.

Quelle Titelbild: L.G.
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