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Tutzing kämpft gegen Schwarzbauten

Mit Widerstand gegen Schwarzbauten zieht der Tutzinger Gemeinderat wahrscheinlich zum wiederholten Mal den Kürzeren. Im Bau- und Ortsplanungsausschuss ging es am Dienstag um eine Angelegenheit, die schon zwei Jahre zurückreicht. An einem Zweifamilienhaus an der Bergwiesenstraße war damals widerrechtlich eine Außentreppe erstellt und ebenfalls widerrechtlich ein Geländer auf dem Flachdach angebracht worden. Das hatte das Landratsamt Starnberg bei einer Baukontrolle festgestellt.

Auf Empfehlung des Kreisbauamts hat der Bauwerber dann einen Tekturantrag eingereicht, um sich die Nottreppe nachträglich genehmigen zu lassen. Der Bauausschuss hat diesen Antrag damals einstimmig abgelehnt. Begründung: Für den vom Bauwerber beschriebenen Zweck – nämlich als Nottreppe für Kaminkehrer – sei die Treppe nicht notwendig, und eine Zustimmung bringe die Gefahr einer Präzedenz mit sich. Das Kreisbauamt betrachtete die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens jedoch als rechtswidrig und signalisierte die Erteilung der Baugenehmigung. Daraufhin hat der Bauausschuss am 19. April 2016 nachträglich doch das gemeindliche Einvernehmen erteilt – allerdings nur für die Nottreppe. Das ebenfalls beanstandete Dachgeländer wurde nicht beseitigt.

"Widerrechtlich errichtete Bauten grundsäzlich nicht nachträglich genehmigen"

Mittlerweile ist das Gebäude verkauft worden. Die neuen Eigentümer versuchten es im September 2016 mit einem neuen Antrag: Sie wollten ein Geländer zur Absturzsicherung auf dem Flachdach einbauen – und damit das bereits bestehende Geländer nachträglich genehmigen lassen. Auch diesmal verweigerte der Bauausschuss seine Zustimmung. Er sei der Auffassung, dass Dachterrassen aus nachbarschützenden Gründen nicht gewünscht seien. Und es sei Linie der Gemeinde Tutzing aus ihrer Vorbildfunktion heraus, „widerrechtlich errichtete Bauvorhaben grundsätzlich nicht nachträglich zu genehmigen“ - dies auch vor dem Hintergrund, eine Präzedenzwirkung zu vermeiden.

Auch diesmal stellte sich das Kreisbauamt aber gegen die Gemeinde. Sie habe das gemeindliche Einvernehmen zu Unrecht verweigert, die Treppe sei bereit genehmigt und die Absturzsicherung sei aufgrund der umgebenden Bebauung sowie der Wandhöhen zulässig., teilte die Starnberger Behörde Anfang Februar dieses Jahres mit. Eine Einschränkung wurde immerhin gemacht: Eine Nutzung des Flachdachs dürfe nicht entstehen. Denn für eine solche Nutzung müssten sowohl die Treppe als auch die Absturszsicherung nach den rechtlichen Vorgaben technisch anders ausgeführt werden. Einen entsrechenden Hinweis kündigte das Kreisbauamt auch für die Baugenehmigung an.

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Tutzing hält die Fahne hoch © L.G.
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Diesmal bleiben die Tutzinger bei ihrer Linie

Wie schon zwei Jahre zuvor signalisierte das Kreisbauamt wieder, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen und eine entsprechende Baugenehmigung zu erteilen. Im Gegensatz zu der Entscheidung 2016 ist der Bauausschuss aber diesmal bei seiner Linie geblieben: Er hat den Antrag trotz der eindeutigen Erklärung des Kreisbauamts abgelehnt – und zwar einstimmig. Dr. Heinrich Reiter (Freie Wähler) sprach die einhellige Meinung der Tutzinger Gemeinderäte aus: Erst bauen und sich dann die Sache anschließend per Tekturantrag genehmigen lassen - das kann nicht der richtige Weg sein. Dass die widerrechtlichen Bauten wohl dennoch nicht beseitigt werden müssen, war den Ausschussmitgliedern freilich ebenso klar.

Ähnlich vergeblich war der Widerstand des Tutzinger Bauausschusses gegen eine andere ebenfalls widerrechtliche Baumaßnahme. Bei einem Neubau am Von-Hillern-Weg waren Dachterrassen "ohne Genehmigung deutlich größer gebaut worden", als es in der ursprünglichen Genehmigungsplanung vorgesehen war, wie die Gemeindeverwaltung erläuterte. Auch in diesem Fall lehnte der Tutzinger Gemeinderats-Ausschuss eine nachträgliche Genehmigung ab – und auch in diesem Fall entschied das Kreisbauamt für den Bauwerber. Die Tutzinger haben ihr Missfallen gegen solche Entscheidungen der Kreisbehörde deutlich zum Ausdruck gebracht – umsonst.

Kommentar: Fatales Signal

Was für ein fatales Signal des Kreisbauamts: Macht doch, was ihr wollt - wir werden es schon genehmigen. Wenn das Schule macht, wird dem Wildwuchs Tür und Tor geöffnet. Respekt vor dem Tutzinger Bauausschuss: Er setzt selbstbewusst ein Zeichen und stellt sich damit gegen solche Machenschaften.

Offen bleibt allerdings eine Frage, die man sich in Tutzing nun mehr und mehr stellt: Wieso eigentlich genehmigt das Kreisbauamt widerrechtlich errichtete Bauten? Darüber kann man schon ins Grübeln geraten.

Lorenz Goslich

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 534
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