Sehr besorgt beobachten die Betreiber kleinerer Geschäfte ebenso wie viele Kunden die umfangreichen Sortimente in Supermärkten, Drogeriemärkten und Discountmärkten, die ja geöffnet bleiben dürfen. Auf Fragen führen deren Verantwortliche zwar alle möglichen anderen Argumente dafür an. Oft wird behauptet, all diese Angebote gebe es schon lange, sie seien keineswegs im Zuge der Corona-Pandemie vergrößert worden. Dennoch wundern sich viele Besucher der Märkte über allerlei erstaunliche Entwicklungen.
Beim Drogeriemarkt Rossmann an der Bräuhausstraße ist zum Beispiel das Spielwaren-Sortiment auf einmal viel größer als früher. Auf Fragen dazu erhält man die Erklärung, dies habe ganz andere Gründe: Gerade viele Mütter seien als Kunden weggefallen, seit der dm-Drogeriemarkt an der Lindemannstraße geöffnet hat. Man habe deshalb schon vor längerer Zeit beschlossen, das Spielwaren-Sortiment zu vergrößern, um die Mütter "zurückzuholen". Denn wenn sich die Umsätze nicht wie gewünscht entwickeln sollten, dann sei nicht sicher, ob diese Rossmann-Filiale auf Dauer bestehen bleiben könne. Trotz dieser Erläuterung scheint die Sortimentserweiterung bei Spielwaren recht passend zu sein, da ja reine Spielwarengeschäfte wie etwa Hoyer in der Kirchenstraße geschlossen bleiben müssen und nur per "Click & Collect" verkaufen dürfen, was bei ihnen die Umsätze ganz beträchtlich gedrückt hat. Wir haben bei der Pressestelle von Rossmann am 2. Februar hierzu eine Stellungnahme erbeten, Sie wurde uns für den 3. Februar angekündigt, doch wir haben sie bis heute nicht erhalten.
Edeka bedauert "Missverständnis" - und setzt umstrittene Aktion fort
Ähnlich fallen teils erhebliche Erweiterungen der Blumensortimente in mehreren größeren Märkten auf, von Edeka bis zu Lidl. Zu den besonders auffallenden Anpreisungen gehören "Floristensträuße", also eine Spezialität von Blumenfachgeschäften, die derzeit nicht öffnen dürfen, abgesehen von Ausnahmen wie gestern am Valentinstag. In diesem Fall gab es von Märkten sogar recht unterschiedliche Auskünfte. Mal hat Edeka ein "Missverständnis" bedauert und die Beendigung einer entsprechenden Plakataktion versprochen, die angeblich niemals hätte stattfinden dürfen. Dann wieder hat Edeka erklärt: „Wir machen nichts anderes als sonst auch.“ Das gelte ebenso für Haushaltsartikel und andere Produkte. Die "Floristensträuße" hat Edeka trotz vieler kritischer Diskussionen weiter angeboten - zwar nicht mehr ganz so auffallend wie zuvor, aber doch unübersehbar direkt im Eingangsbereich.
Viele Betreiber kleinerer Tutzinger Geschäfte und auch viele ihrer Kunden zweifeln mittlerweile kaum noch daran, dass da bestimmte Anbieter die Corona-Krise zu ihren Vorteilen zu nutzen versuchen. Dass es bei solchen Anbietern oft trotz getroffener Maßnahmen sogar recht eng zugeht, dass da auf Abstände und sonstige Hygiene gelegentlich erstaunlich wenig geachtet wird, das sorgt umso mehr für Gesprächsstoff und Verständnislosigkeit. In den kleineren Geschäften, ebenso in Gaststätten oder im Kino haben sich die jeweiligen Betreiber nämlich überall um intensive Sicherheitsregeln gekümmert - doch sie müssen geschlossen bleiben. Folge: Die Kundschaft verteilt sich nicht etwa auf viel mehr Anbieter, was ja wohl sinnvoll wäre, sondern immer mehr Menschen drängen sich in den paar Geschäften, die geöffnet sein dürfen.
Viele Regelungen werden als massiv ungerecht betrachtet
Viele der Regelungen werden zwar als massiv ungerecht betrachtet. Daraus machen die meisten Betreiber kleinerer Geschäfte in Gesprächen kein Geheimnis. Doch sie machen das Beste draus, sind in der Regel telefonisch gut erreichbar, präsentieren ihre Angebote in Schaufenstern, oft auch im Internet auf eigenen Webseiten. Viele Tutzinger Kunden wissen das alles sehr zu schätzen, viele sind "ihren" Geschäften treu und nutzen ihre Angebote.
In den Tutzinger Geschäften statt in großen, geöffneten Märkten oder online bei irgendeinem Internet-Anbieter einzukaufen, ist nicht nur für die Kunden sinnvoll, die dabei auf persönliche Beratung vertrauen können. Es dürfte auch in Hinblick auf die weitere Tutzinger Entwicklung weiter helfen. Denn trotz aller Zuversicht fürchtet so mancher Laden- oder Gastronomiebetreiber wegen hoher finanzieller Ausfälle durch die Schließungszwänge um seine Existenz. Und wenn mehr und mehr Geschäfte schließen werden, wird darunter das ganze Ortsleben leiden.
Die Aufrufe zum Einkauf in Tutzing, die man dieser Tage überall hören und lesen kann, haben deshalb gute Gründe.
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