Ein Kloster als Publikumsmagnet: Die Tutzinger Missions-Benediktinerinnen haben am Sonntag einen Tag der offenen Tür veranstaltet, und das Interesse war groß.. Es gab Hausführungen, Gesprächsrunden und Gelegenheit zu Fragen, die viele Besucher gern wahrnahmen. Die Schwestern luden zum Kaffee im Speisesaal und gaben informativ Auskunft. Auch zur Vesper in der Klosterkirche waren die Gäste willkommen - wie übrigens jeden Tag um 17.45 Uhr: Wer will, darf teilnehmen. Der Eingang ist gegenüber des Ärztehauses.
„Komm und sieh...“: So war der Tag der offenen Tür überschrieben. Die Missions-Benediktinerinnen pflegen ihre Öffentlichkeitsarbeit zurzeit sehr aktiv. Schon seit Juni läuft im Rathaus eine viel beachtete Ausstellung über ihr Wirken, die noch bis Ende Oktober zu sehen ist. Da staunen viele Besucher nicht schlecht über die umfangreichen Aktivitäten der Schwestern auf der ganzen Welt.
Ähnlich wie beim Tag der offenen Tür haben die Tutzinger Missions-Benediktinerinnen schon vor einigen Wochen bei einem Gesprächsabend im Kloster Auskunft auf viele Fragen gegeben. „Wir leben nicht aus Kirchensteuermitteln“, bekräftigte Priorin Ruth Schönenberger bei dieser Gelegenheit: „Wir leben von dem, was wir selbst erarbeiten - uns fliegen die gebratenen Tauben nicht in den Mund.“ Eine Sozialversicherungspflicht besteht gesetzlich nicht. Dennoch sind die Tutzinger Missions-Benediktinerinnen kranken- und rentenversichert. Alle Einkünfte gehen an die Kongregation, es gibt ein gemeinsames Konto.
69 Schwestern und ganz unterschiedliche Berufe
„Wir leben Gütergemeinschaft und einen einfachen Lebensstil“, sagte die Priorin. Der Tagesablauf beginnt früh: Laudes (Morgenlob), um 6 Uhr Eucharistiefeier, Frühstück, lectio divina (Tageslesung), Meditation, Arbeit bis Mittag, um 12 Uhr gemeinsames Mittagessen, dann bis 14 Uhr Mittagspause. Arbeitszeit bis 17 Uhr, Vesper um 17.45 Uhr, montags und dienstags mit integrierter Abendmesse. Dann Abendessen, Zeit für Gespräche, Komplet (Nachtgebet).
Im Tutzinger Kloster gibt es 69 Schwestern. Viele von ihnen sind schon älter. Sie arbeiten nach ihren Möglichkeiten noch mit. „Das ist etwas sehr Schönes, wenn man älter wird“, sagte Schwester Lydia, eine von ihnen, „aber wir müssen nicht über unsere Kraft arbeiten, ich darf jederzeit aufhören.“ Trotz ihres höheren Alters fahre sie auch noch Auto. Die Arbeiten der Schwestern sind sehr unterschiedlich. Einige von ihnen sind außerhalb tätig, andere im Haus. Schwester Hanna arbeitet im Katholischen Schulwerk Bayern. Morgens um 8 Uhr nimmt sie den Zug nach München. Schwester Franziska ist Kirchenmusikerin. „Das ist mein Traumberuf“, sagte sie. Sie habe 23 Klavierschüler von 5 bis 18 Jahren, zum Teil schon sehr lange. „Ich bin auch ziemlich informiert über moderne Musik“, sagte sie, „ich liebe Popmusik und kenne mich mit modernen Filmen aus.“ Eine Ausbildung sollten alle haben, die ins Kloster gehen.
"Es soll niemand bleiben, nur weil er anderswo keine Chance hat"
In welchem Alter kann man ins Kloster gehen? Für den Eintritt gebe es eine Altersgrenze von etwa 35 bis 40 Jahren, sagte eine Schwester. Je länger man allein oder in der Familie gelebt habe, umso schwieriger werde es, sich in die Gemeinschaft einzufügen: „Man sollte vorher schon mal reinschnuppern.“
Der Eintrittsprozess verteilt sich auf das Noviziat (etwa zwei Jahre), dann zunächst zeitliche Gelübde für eine begrenzte Zeit, so die „erste Profess“ (zunächst drei Jahre), auf die eventuell weitere Schritte folgen, schließlich die „ewige Profess“ - die Verpflichtung auf Lebenszeit. Die Schwestern in Tutzing waren alle über 30 Jahre, als sie eingetreten sind. „Wir hatten schon einiges gesehen und wussten, worauf wir verzichten“, sagte eine von ihnen. „Es soll niemand bleiben, nur weil er anderswo keine Chance hat“, bemerkte eine andere: „Das wäre ein schlechtes Motiv.“
Sehr bekannt in Tutzing ist und war Schwester Josefa Knab, die 97 Jahre alt ist und sich gut fühlt. „Ich kann aufstehen und meinen normalen Tagesablauf machen“, sagte sie beim Gesprächsabend, „das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Seit 72 Jahren lebt sie in Tutzing. 33 Jahre war sie quasi der Inbegriff der Ambulanten Krankenpflege. Auch die Schule, die Turnhalle und die Krankenhauskapelle hat sie betreut. „Es ging mir immer gut“, sagte sie, „ich hatte eine sehr ausgefüllte und sehr gute Zeit.“ Sie fühle sich sehr getragen von der klösterlichen Gemeinde. Auch in der Zeit ihres Außendienstes und ihres Krankenhausdienstes sei sie immer sehr unterstützt worden: „Ich danke allen Schwestern und der ganzen Gemeinde Tutzing, die mir alle geholfen haben.“
Kommentar hinzufügen
Kommentare