Diesem Tag haben viele entgegengefiebert: Gestern hat der gemeinnützige Verein Kulturtheater Tutzing e.V. das Tutzinger „Bürgerkino“ gestartet. Um 18 Uhr begann dort, wo über Jahrzehnte das „Kurtheater“ war, die erste Vorstellung: „Liebesbriefe aus Nizza“, ein neuer französischer Film. Der Kinosaal war zwar nicht voll, doch für den Anfang war der Besuch recht ansehnlich. Mehr als 30 Personen kamen zum Auftakt, die Tutzinger Kinobetreiber waren zufrieden.
Am 3. Oktober findet eine Eröffnungsfeier mit geladenen Gästen statt, an der neben den Initiatoren des Vereins, Mitgliedern und Spendern auch der Starnberger Landrat Stefan Frey und Tutzings Bürgermeister Ludwig Horn teilnehmen werden. Nach einem Sektempfang gibt es dann die Premiere einer Filmreihe „Tutzinger Filmerkundungen“. Den Auftakt macht der Film „Die Landärztin“ aus dem Jahr 1958, dessen Hauptdarstellerin, die Ärztin Marianne Koch anschließend mit dem Filmhistoriker Friedemann Beyer über ihre Erfahrungen sprechen wird.
Bis zuletzt haben die Vorbereitungen für die Wiederbelebung des Tutzinger Kinos gedauert, das seit der Jahreswende 2023/24 geschlossen war. Als die Hauptinitiatorin Lucie Vorlíčková dieses Vorhaben publik machte, wollten viele nicht so recht an einen Erfolg dieses ehrgeizigen Plans glauben. Aber die Familie Harthauser, der das Gebäude gehört, war sofort mit von der Partie und bereit, das alles mit finanziell sehr günstigen Konditionen zu unterstützen. Lucie Vorlíčková stürzte sich voller Leidenschaft in dieses Projekt. Sie organisierte Informationsveranstaltungen und begeisterte ein Team Gleichgesinnter für eine Vision: aus dem Kino viel mehr zu machen, nämlich ein kulturelles Begegnungszentrum für alle in Tutzing - einen neuen gesellschaftlichen Mittelpunkt der Gemeinde.
Viel Arbeit, viele Probleme, gute Lösungen
Dieser Plan zog immer mehr Menschen in seinen Bann. Für den eigens gegründeten Verein Kulturtheater Tutzing e.V. gab es viele Mitgliedszusagen, Spenden kamen herein, weitere Interessierte gesellten sich dazu, die sich als so genannte „Kinoengel“ um spezielle Aufgaben kümmern wollen - vom Ticketverkauf bis zur Saalreinigung.
Was für Arbeit zu erledigen war und ist, das hat von all den Kino- und Filmfans allerdings wohl niemand gedacht. Es galt, die benötigte technische Ausstattung zu beschaffen, den Saal und die anderen dazu gehörenden Räume für die künftigen Herausforderungen zu gestalten, bei den Behörden Genehmigungen einzuholen und nicht zuletzt zu lernen, wie man Kino macht. Aber dabei bekamen Lucie Vorlíčková und ihre Teammitglieder fachliche Unterstützung. Experten aus der Branche fanden sichtlich Gefallen an diesem Tutzinger Engagement. Sie halfen, wo sie konnten, standen dem Tutzinger Team in der gesamten Vorbereitungszeit mit Rat und Tat zur Seite und wirken auch weiter mit.
Einiges ist schief gelaufen, wie immer bei solchen Projekten. Die Entfernung von zwei Stuhlreihen im Saal hatte beispielsweise Verschlechterungen beim Sound zur Folge. Der Maler Aniello Grombone hat deshalb Fußmatten für den ganzen Saal besorgt, die vorgestern geliefert wurden. Die Bühnenspots fielen aus, der Vorhang im Foyer musste über Nacht verlängert werden. Dafür wurden zunächst falsche Maße genannt – die Tutzinger Änderungsschneiderei Silhouette nähte ihn noch einmal.
„Die Handwerker waren unglaublich hilfreich“
Manches wurde erst kurz vor der ersten Filmvorführung erledigt. Gestern wurde die Theke im komplett neu gestalteten Foyer eingebaut, die der Engländer Jonathan Wright und sein Partner Christian Schweiger in ihrem „Tandemstudio“ in Seehausen am Staffelsee angefertigt haben. Das Design des Foyers und der Theke hat Judith Resch ehrenamtlich entworfen. Eine Popcorn-Maschine, die als fest zu einem Kino gehörend betrachtet wird, konnte noch nicht in Betrieb genommen werden. Aber die ideenreichen Initiatoren haben auch in diesem Fall eine Ersatzlösung parat: Passend zur Wiesn-Zeit gibt es gebrannte Mandeln und mit Schokolade überzogene Erdbeeren.
„Die Handwerker waren unglaublich hilfreich“, schwärmt Lucie Vorlíčková. Etliche Firmen aus Tutzing und Umgebung haben sich bei diesem Projekt engagiert – vom Informationstechniker Roberto Mestanza über den Elektriker Andreas Schuster bis zum Metallbauer und Kunstschlosser Maximilian Bauer. Nicht wenige von ihnen haben mit starken Preisnachlässen gearbeitet, manche sogar ganz umsonst. Christian Heiss, der neue Betreiber der Tutzinger Edeka-Märkte, hat viel fürs leibliche Wohl der künftigen Gäste beigesteuert.
Immer wieder sind Schwierigkeiten aufgetaucht, die meist schnell behoben wurden. Filme spielen an unterschiedlichen Tagen und Uhrzeiten: Wie kann man das auf dem Plakat anbringen, so dass es auch gut ausschaut? Schilder-Spezialist Andi Rachel wusste Rat: Er montierte praktische Zeittafeln, so wird die Anzeige immer eine „saubere Sache“.
Die erste Vorstellung wird ferngesteuert
„Die alten Geräte hatten es in sich“, sagt Lucie Vorlíčková. Leider habe es viele technische Herausforderungen, gegeben, die Tom Blum vom Unternehmen Lightsound GmbH in mühevoller Arbeit behoben habe. Das habe aber vier statt, wie zunächst geplant, zwei Tage gedauert. Damit das Kino gestern eröffnet werden konnte, sorgte Blum erst einmal per „Teamviewer“ für eine Fernsteuerung. Ob das wirklich klappen würde, das sorgte beim Kinoteam vor Beginn noch für eine kleine Nervosität. Aber alles funktionierte gut - der Vorhang öffnete sich, die Vorstellung begann, alles war, wie es sein sollte.
Viel Unterstützung gab es auch bei den zahlreichen anderen Aufgaben. Das Marketing-Team um Daniela Laußer, Chris Neuner-Duttenhofer und Simone Drah hat rechtzeitig zur Eröffnung die neue Kino-Homepage, einen Newsletter und eine praktische Programmübersicht veröffentlicht. Das von Elisabeth Wohlfahrt betreute Kinoengel Team war mit großem Engagement dabei. Plakate wurden aufgehängt, Flyer verteilt und das Kino geputzt. Heute Nacht hat Lucie Vorlíčková noch die Regale befüllt. „So eine Eröffnung ist das pure Adrenalin“, kommentiert sie in einer Mischung aus Erschöpfung und Zufriedenheit: „Nervenaufreibend ohne Ende.“
"Treff im Kulti"
Die Gemeinsamkeit ist einer der wesentlichen Leitgedanken, auch wenn er bisher erst langsam in die Gänge kommt. Die Idee des Miteinander soll im Konzept immer wieder auftauchen. Das beginnt im Foyer schon beim Kiosk: Dort gibt es Selbstbedienung - die Leute sollen einfach Getränke aus dem Kühlschrank nehmen sowie süße und salzige Snacks aus dem Regal und dann an der Kasse zahlen. Wenn es Probleme gibt, sollen sie sich gegenseitig helfen.
Die Initiatoren wünschen sich, dass ein echter „Treff im Kulti“ entsteht. Das neue Foyer sei mit diesem Gedanken zum gemütlichen Beisammensein neu konzipiert worden. Spontane Besucher waren überrascht, wie berichtet wird: „Oh, da ist ja jetzt mehr Platz“, riefen manche erstaunt aus. Alle sind sich einig: Schon allein das neue Foyer ist einen Besuch wert.
Mithilfe ist auch nach den Vorstellungen im Saal erwünscht. Die Kinobesucher werden gebeten, leere Flaschen und Verpackungen in den Kästen und in zwei bereit stehenden Abfalleimern zu entsorgen, damit die „Kinoengel“ den Saal möglichst zügig für die Folgeveranstaltungen vorbereiten können.
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Comments
Vorstandsmitglied Sophie Sperber hat heute bestätigt, dass sie sich dieses Wunsches annehmen kann. Sie bietet am Sonntag den 20.10. von 11 bis 12 Uhr den ersten Chorworkshop im Kino an. Wer Lust auf Singen hat, kann sich bis 15. 10. bei Ihr unter filmclub@kulturtheater-tutzing.de dazu anmelden. Alle Altersgruppen und Stimmlagen sind herzlich willkommen! Es geht um den Spaß am gemeinsamen Singen. Teilnahme-Gebühr: Mitglieder des Vereins 10€/ Nichtmitglieder 15€ - Die Mindestteilnehmerzahl ist 10 Personen.
Apropos Musik. Wer heute Abend noch nichts vor hat: Um 20:15 Uhr startet GLORIA! Eine ungestüme filmische Sinfonie, die die Entfesselung weiblicher Kreativität ebenso feiert wie die Entstehung der modernen romantischen Popmusik. Viel Spaß!
In einem Verein kann es natürlich auch zu Meinungsverschiedenheiten oder Missverständnissen kommen. Solche Situationen lassen sich vereinsintern durch ein persönliches Gespräch oder ein Telefonat meist auf kurzem Weg bereinigen.
Beschwerden über öffentliche Kommentarspalten sind nicht förderlich und laufen Gefahr, der guten Sache den Schwung und die Freude zu nehmen.
DANKE!
Es wäre wohl eher die Schattenseite des Spendens, als Gegenleistung für die eigene Großzügigkeit Dankbarkeit oder Wohlverhalten zu erwarten. Zum Glück gehört aufrichtig empfundene Zuneigung nicht zu den Gütern, die auf dem Markt gehandelt werden können.
Ich bin in vielen Vereinen- was Sie erlebt haben ist mir völlig fremd!
Sie und ich waren beim Gespräch an der Kinokasse nicht dabei- vielleicht war es ganz anders????
Ich habe neutral geantwortet- was anderes steht mir nicht zu!
Auch die Stellungnahme von Fr. Vorlickova ( die außerordentlich viel für die Rettung des Kinos geleistet hat, ich sage Chapeau dazu) hat hier nicht geholfen sondern war ein Angriff gegen Herrn Gläsener.
Ich verstehe ja die Hektik und den Stress der Beteiligten, aber trotzdem hätte ich eine Entschuldigung erwartet.
Ich habe ähnliche Erfahrung mit dem Minigolfplatz, habe letztes Jahr zwei Schläger für je 150,- Euro gekauft um den Verein zu unterstützen, aber die versprochene Gravur der Schläger habe ich bis heute nicht erhalten.
Die Informationen nach Nachfrage war, sie haben das Geld dem Verschönerungsverein bezahlt, der soll sich darum kümmern.
Naja, das ist halt in Tutzing anscheinend üblich.
Gut gemacht Lucie und das Kino-Team.
Vive le cinéma!
Frau Vorlíčková war vor Ort und für Mitglieder des Kulturtheaters Tutzing waren Freikarten für den 3. Okt. erhältlich.
Nun liegt es an uns Tutzingern, das Angebot anzunehmen und -soweit für jeden möglich- sich einzubringen. Meinen ersten Einsatz als Kinoengel an der Kasse konnte ich im Kinoengel-Plan eintragen.
Ich freue mich riesig und habe gleich für 4 Vorstellungen Kinokarten gekauft- mich mit verschiedenen Freunden, Nachbarn, Bekannten verabredet. Wir sind alle so froh, dass innerhalb so kurzer Zeit mit außerordentlichem Einsatz wieder Kino in Tutzing ermöglicht wurde. Herzlichen DANK hierfür!
Die Zeiten waren abgestimmt- wenn man leider etwas zu früh kommt dann sollte man dem Team keinen Vorwurf machen sondern warten!
Die Freikarten wurden pünktlich ab 17:30 an der Kino-Kasse ausgegeben. Die für diesen Anlass gedruckten Karten habe ich um ca 17:20 angeliefert. Jeder der heute nach einer Freikarte verlangte , hat diese auch erhalten. Soeben (20:39 Uhr) haben wir die letzten zwei vergeben. Ich bedauere Ihre Verärgerung.
Ich bin einer von den Spendern für das Kulturtheater.
Die nicht gerade verbindliche Antwort der Kinoleiterin: "Die Karten gibt es erst ab 18:00 von Frau Vorlíčková, aber es sind kaum noch welche da.....?!"
Ich kam mir vor, wie ein Bittsteller.
NB: um 18:00 beginnt m.W. die erste Vorstellung.