Die Elly-Ney-Straße – ein Symbolbild einer seit langer Zeit schwelenden Debatte in Tutzing zum Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der Gemeinde. Auf der einen Seite talentierte Pianistin, auf der anderen Seite aber auch glühende Anhängerin Hitlers und des Nationalsozialismus'. Schon vor über einem Jahrzehnt gipfelte die Debatte um den Umgang mit einer derart ambivalenten Persönlichkeit in einem zwischenzeitlichen Höhepunkt, als der damalige Bürgermeister Dr. Stephan Wanner Bilder im Rathausgebäude abhängen ließ und damit eine Debatte um den Umgang mit der NS-Vergangenheit anstieß, in die sich auch bekannte Personen wie Charlotte Knobloch einschalteten. Der Gemeinderat distanzierte sich schlussendlich mit einer Tafel am Ehrenmal an der Brahmspromenade, behielt Straßenname und Statue jedoch. Was für einige einen zufriedenstellenden Kompromiss darstellt, ist für andere nicht ausreichend. Die Debatte über den richtigen Umgang mit der Künstlerin und ihrer Vergangenheit ist bis heute nicht abgeklungen und kocht regelmäßig hoch.
Doch darin erschöpft sich mitnichten die Bedeutung des Nationalsozialismus für die Region um den Starnberger See. Deshalb möchte der Jugendbeirat mit einer Veranstaltung ein stärkeres Bewusstsein über die nationalsozialistische Vergangenheit des Landkreises Starnberg und der Gemeinde Tutzing schaffen und die Blicke weiten. Gemeinsam mit der Historikerin und Kreisarchivarin Dr. Friederike Hellerer soll schlaglichtartig dargestellt werden, wie die Nationalsozialisten im Landkreis Fuß fassten und sich von Mitte der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts bis zur Machtübernahme 1933 entwickelten. Auch auf Tutzinger Besonderheiten soll eingegangen werden.
Dazu lädt der Jugendbeirat herzlich am heutigen Mittwoch, dem 2. Oktober um 19 Uhr in die Kustermann-Villa ein.
Schon an dieser Stelle sei der Gemeinde Tutzing und insbesondere dessen Archiv für die gute Zusammenarbeit gedankt.
Wie die Nationalsozialisten in Tutzing Fuß fassten
Der Jugendbeirat lädt heute mit der Historikerin Dr. Friederike Hellerer in die Kustermannvilla ein
Quelle Titelbild: Jugendbeirat Tutzing
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Kommentare
Die filmische Darstellung, in der Psychopathen wie Adolf Hitler, Joseph Goebbels und Heinrich Himmler als phänotypisch durchgehend böse und eindeutig gefährlich gezeigt werden, entspricht nicht der Realität. Während sie im Hollywood-Kino oft mit übertriebenen Gesten und sich überschlagender Stimme dargestellt werden, traten sie (und treten Psychopathen in der politischen Gegenwart) meist unauffällig, charmant und gefällig auf.
Der Film "Führer und Verführer" zeigt diese Unauffälligkeit und Banalität des Bösen, indem er Hitler und seine Clique in alltäglichen Situationen portraitiert, während er nebenbei Todesurteile unterzeichnet und Massenmorde beauftragt. Um das Psychopathologische unter den heutigen Rechtsextremen erkennen zu lernen, sollte man diesen Film schauen. Und verstehen, dass sich das Teuflische im Alltag hervorragend zu verstecken weiß.
Dafür sei dem Jugendbeirat jetzt schon herzlich gedankt. Und der 2. Oktober steht natürlich im Kalender.
Ich habe vor zu kommen und bin gespannt auf die Ausführungen der Archivpflegerin unseres Landkreises.
Die Geschichte zu kennen, auch ganz konkret & kleinräumig hier in Tutzing, und daraus zu lernen - völlig unabhängig von Alter, Hautfarbe oder anderen Äußerlichkeiten - daran ist nichts falsch.
Und ich freue mich, dass der Jugendbeirat sich einem Thema widmet, dass gerade nach den erschreckenden Ergebnissen der beiden gestrigen Landtagswahlen uns alle sehr beschäftigen sollte. Dazu gehört natürlich auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit.
Wer mag, dem lege ich das Buch von Uwe Wittstock „Februar 33“ nahe. Wie eine Partei Deutschland innerhalb von 6 Wochen (es hat nicht länger als unsere Sonmerferien gedauert) in eine Diktatur verwandeln konnte, wird hier sehr prägnant erzählt.
Ich freue mich auf diese Veranstaltung und bin sehr gespannt und ebenfalls neugierig.
Ich hoffe der Jugendbeirat lässt sich nicht von älteren Menschen die alles besser wissen beirren.
Verständnis soll er die Belange der Jugend vertreten. So interessant das Thema sicher ist. Aber als Aufgabe eines Jugendbeirates sehe ich es nicht.
Da gäbe es sicher aktuellere Themen.
Denn diese jungen Leute haben im Gegensatz zu Ihnen und mir noch ein ziemlich langes Leben vor sich. Das sie natürlich recht gerne auch zukünftig in einer freien Gesellschaft verbringen würden. Und danach sieht es gerade nicht zwangsläufig aus, nachdem heute in Thüringen Nazis zur stärksten Partei gewählt wurden.
Wenn es der Gegenwart droht, dass die Geschichte sich wiederholt, dann ist es an der Zeit, aus den alten Fehlern zu lernen. Und zu denen zählen übrigens das Ausblenden, das Bagatellisieren und das Verleugnen der Tatsachen.