Geschichte
29.3.2020
Von vorOrt.news

Tutzinger Skelett-Funde erlangen neue Brisanz

Alte Gräber neben der vor der Sanierung stehenden Mittelschule - oder doch ganz woanders?

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Das rundliche, rötliche Feld neben der Pfarrkirche St. Joseph markiert im Denkmal-Atlas das "Bodendenkmal" © https://geoportal.bayern.de/geoportalbayern/

Es war 1966: Damals haben spielende Kinder in Tutzing eine eher unheimliche Entdeckung gemacht. Um Skelett-Funde soll es sich gehandelt haben. Sie sind seitdem beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege aktenkundig - als Bodendenkmal mit der Nummer „D-1-8033-0096“. Es soll sich um „Körpergräber vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung“ handeln, so formulieren es die Denkmalexperten.

Die Stelle, wo diese Gräber vermutet werden, ist im Bayerischen Denkmal-Atlas durch ein rundliches Feld ganz nah bei der katholischen Pfarrkirche St. Joseph markiert (siehe Bild). Damit liegt dieser Bereich auch in direkter Nachbarschaft zur Mittelschule (das Gebäude mit dem Pfeil). Diese Nähe verleiht der historischen Angelegenheit eine gewisse aktuelle Brisanz. Im Bebauungsplanverfahren für die geplante Sanierung der Mittelschule haben die Denkmalpfleger nämlich schon mal vorsorglich auf das Bodendenkmal hingewiesen.

"Sanierungsarbeiten könnten nach archäologischen Maßnahmen beginnen"

Was bei den Sanierungsarbeiten unter Denkmalaspekten zu beachten wäre, erläutert das Landesamt auf Nachfrage so: Für alle Bodeneingriffe im überplanten Bereich sei wegen der Nähe zum bekannten Bodendenkmal eine denkmalrechtliche Erlaubnis nach Artikel 7 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes notwendig. Sollten im Zuge des Sanierungsvorhabens der Schule Erdarbeiten in einem Bereich geplant sein, in dem Gräber vermutet werden, würde ein Grabungstechniker diesen Bereich vorab prüfen. Und falls er auf Gräber stoßen sollte, müssten diese von einer archäologisch qualifizierten Fachfirma ausgegraben und geborgen werden. Die Sanierungsarbeiten könnten nach den archäologischen Maßnahmen beginnen.

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Gemeinde hält eine Verwechslung für wahrscheinlich

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Entwurf der sanierten Mittelschule: Die Gemeinde erwartet keine Probleme wegen der Gräber © Bioplan Architekten

Im Bau- und Ortsplanungsausschuss kamen die Gräber kürzlich, als es um die Sanierung der Mittelschule ging, eher nebenbei zur Sprache. Die Ausschussmitglieder wirkten wegen dieses Themas nicht sonderlich aufgeregt. In der Gemeindeverwaltung scheint man sogar der Meinung zu sein, dass es sich um eine Verwechslung der Denkmalpfleger handeln könnte.

Die Gräber seien nämlich gar nicht neben der katholischen, sondern neben der evangelischen Kirche zu vermuten, erläuterte der Leiter des Bauamts. Wie sie dann neben der Pfarrkirche St. Joseph in den Denkmal-Atlas gekommen sind, das könnte deshalb noch für Diskussionen sorgen.

Zum Alter der Gräber gibt es keine naturwissenschaftlichen Datierungen

Die Angaben, die das Landesamt für Denkmalpflege auf konkrete Nachfragen hierzu gemacht hat, wirken jedenfalls erstaunlich vage. Naturwissenschaftliche Datierungen zum Alter der Gräber hätten nach der Entdeckung der Gräber 1966 noch nicht durchgeführt werden können, so das Landesamt. Auch Hinweise auf Grabbeigaben fehlten in den Unterlagen, deshalb sei eine Aussage zur Zeitstellung der Gräber schwierig. Das Amt verweist auf eine Fundstelle frühmittelalterlicher Waffen. Die soll sich aber 200 Meter von den vermuteten Gräbern entfernt befinden. Dass es sich um Reste eines neuzeitlichen Bestattungsplatzes handeln könnte, will das Landesamt aber auch nicht ausschließen.

Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald macht sich ohnehin mehr Sorgen über die Finanzierung der Schulsanierung, deren Kosten auf 18 Millionen Euro geschätzt werden. Selbst wenn sich nahe der Schule tatsächlich alte Gräber befinden sollten, würden sie die Sanierung nach Überzeugung der Rathauschefin nicht behindern. Schließlich handele es sich nicht um einen Neubau.

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