Geschichte
8.12.2018
Von vorOrt.news

"Tutzing hat Ortsbild relativ gut bewahrt"

Lob mit Einschränkung von Kreisheimatpfleger Schober im neuen Katalog über denkmalgeschützte Häuser

Wie ist das Erscheinungsbild von Tutzing? Dazu hat sich Gerhard Schober, der Kreisheimatpfleger des Landkreises Starnberg, jetzt klar geäußert. In einem Grußwort zum soeben veröffentlichten Katalog „Denkmalgeschützte Häuser in Tutzing“ kleidet er seine Einschätzung in ein Lob mit Einschränkung: "Tutzing hat sein Ortsbild - im Vergleich zu anderen Orten am See - bis heute noch relativ gut bewahren können, auch wenn die nachteiligen Erscheinungen des zunehmenden Baubooms an verschiedenen Stellen bereits nicht mehr zu übersehen sind.“

In Tutzing gibt es nach den Angaben im Katalog 79 Baudenkmäler. 45 von ihnen sind Häuser. Die denkmalgeschützten Häuser machen etwa zwei Prozent aller Wohnhäuser in Tutzing aus. „ein verschwindend geringer Anteil - und doch prägen sie Tutzing“, bemerken die beiden Autorinnen des Katalogs, Stefanie Knittl und Elke Schmitz. Sie gehören dem ortsgeschichtlichen Arbeitskreis von Tutzing an. Den Katalog haben sie aus einer Ausstellung mit denkmalgeschützten Häusern entwickelt, die sie anlässlich des 1275-jährigen Ortsjubiläums im vergangenen Jahr erarbeitet hatten.

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Hier Bewahrung, dort Bauboom: Die Villa Schnell... © L.G.
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... die Bebauung in der Nähe des Bahnhofs... © L.G.
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... und der Guggerhof, im Jahr 1537 erstmals erwähnt © L.G.

Fünf Routen für Spaziergänge durch Tutzing zu den Baudenkmälern

In dem Katalog laden die Autorinnen sozusagen zu Spaziergängen durch Tutzing ein, auf denen die Leser alle beschriebenen Baudenkmäler besuchen können. Zu diesem Zweck haben sie eigens fünf Routen ausgearbeitet - im Norden, im Süden, durchs Ortszentrum, in Bahnhofsnähe und entlang der Höhenbebauung. Neben den Denkmälern werden weitere für Tutzing bedeusame Bauwerke mit erwähnt, so Schloss und Evangelische Akademie, Violaburg, Gut Deixlfurt und Gut Rößlsberg.

Der Katalog ermöglicht bei jedem Haus einen Vergleich von damals und heute: Historische und aktuelle Bilder sind jeweils einander gegenübergestellt. Folgende Häuser sind den jeweiligen Routen zugeordnet:

Norden:

Midgardhaus, Haus Ludendorff, Haus Knittl, Rückgebäude Knittl-Haus, Villa Kalb, Villa Trutz, Kutscherhaus, Villa Stolberg

Ortszentrum:

Haus Kranzbühler, Haus Lautenbacher, Brahmshaus, Sieberhaus, Amtmannhaus, Villa Pfautsch, Metzgerhäusl, Vetterlhaus, Volksschule, Kirche St. Joseph, Haus Flügel, Landhaus Drummer, Tutzinger Hof, Guggerhof, Eckerl Haus, Villa Gassner, Mayr Haus, Haus Lettner, Alte Pfarrkirche Peter und Paul

Bahnhofsnähe:

Ringseis-Haus, Kloster, Krankenhaus, Klösterl, Villa Beisele, Villa Schnell, Villa Thudichum

Höhenbebauung:

Villa Berghaus, Villa Fraunberg, Villa Martha, Villa Sack, Villa Königer, Villa Dahn, Beringerheim

Süden:

Kallevilla, Villa von Prittwitz, Villa von Prittwitz und Gaffron, Kleine Villa, Landhaus Kustermann, Villa Kustermann

"Besondere Verantwortung bei der Weiterentwicklung"

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Bürger bewahren kulturelles Erbe: Das Haus Lettner, 1463 erstmals erwähnt, ist das letzte in Tutzing erhaltene Fischerhaus mit Fischereirecht © L.G.

Tutzings Kulturreferentin Brigitte Grande hält den neuen Katalog für ein „optimales Weihnachtsgeschenk“. Man habe ihn bewusst erschwinglich gehalten. Er sei nicht dafür gedacht, repräsentativ in einem Bücherregal zu stehen, sondern zum Nachschlagen benutzt zu werden.

Die Kulturreferentin dankte ausdrücklich ihren Kollegen im Gemeinderat, denen „wieder mal ein Kulturprojekt lieb und auch ein wenig teuer“ gewesen sei. Bürgermeisterin Marlene Greinwald zeigte sich bei der Vorstellung begeistert über den Katalog, der „die schönen, historischen Seiten“ des Ortes zeige. „Der heutige Abend ist ein Beweis, dass wir alle gewinnen, wenn wir uns zusammentun“, sagte sie unter Hinweis darauf, dass der Katalog ein Gemeinschaftsprodukt sei.

Die meisten Denkmäler sind nach Angaben der Autorinnen in privater Hand. „Tutzinger Mitbürger helfen damit, unser kulturelles Erbe zu bewahren“, folgern sie.

Viele Eigentümer denkmalgeschützter Häuser hätten bei der Recherche geholfen, sagte Greinwald anerkennend und fügte hinzu: „Ohne ihr Engagement gäbe es vielleicht mehrere dieser Gebäude gar nicht mehr.“ Historische Bausubstanz könne nur erhalten werden, wenn die Bürger bereit seien, verantwortungsbewusst mit ihr umzugehen.

Ein entsprechendes Plädoyer findet sich im Katalog auch von Gerhard Schober. Er schreibt von der „Notwendigkeit einer uneingeschränkten Bewahrung dieses bedeutenden Erbes, aber auch einer nachhaltigen Pflege des Ortsbildes und einer besonderen Verantwortung bei der Weiterentwicklung der verschiedenen Wohnquartiere“.

"Tutzinger Erklärung für bürgerschaftliche Denkmalpflege"

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Gründungsort Schloss: Ohne Tutzing gäbe es kein Denkmalnetz Bayern © L.G.

Im Katalog finden sich auch Beispiele für „Entwertungen“ des Denkmalschutzes, so bei der Kalle-Villa, heute Teil des Gymnasiums, „durch bauliche Veränderungen und nutzungsbedingte Anbauten“. Doch mit ihrem schönen gewachsenen Ortsbild leiste die Gemeinde Tutzing „einen erheblichen Beitrag zur bedeutenden Kulturlandschaft am Starnberger See“, betont Kreisheimatpfleger Schober in seinem Grußwort. Ganz besondere Wirkung entfalten nach seiner Darstellung vor allem die vielen mit individueller Architektur gestalteten Villen und Landhäuser des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, aber auch eine „großzügige Durchgrünung des Ortes“ durch die zugehörigen Gärten und Parkanlagen.

Kulturreferentin Grande wies darauf hin, dass die Evangelische Akademie Tutzing gerade am Wochenende zuvor eine gemeinsame Tagung mit dem Denkmalnetz Bayern veranstaltet habe, das vor sechs Jahren im Tutzinger Schloss mit der Unterzeichnung der „Tutzinger Erklärung für bürgerschaftliche Denkmalpflege“ gegründet worden ist. Ohne Tutzing gäbe es kein Denkmalnetz Bayern, betont dessen landespolitischer Koordinator Achim Schröer in einem Beitrag des Katalogs. Für Grande bieten die denkmalgeschützten Häuser einen „wahren Erinnerungsschatz“.

Der Katalog „Denkmalgeschützte Häuser in Tutzing“

Preis: 9,90 €
Erhältlich bei:
Buchhandlung Held, Buchhandlung Eselsohr, Tourismusbüro, Rathaus

Quelle Titelbild: L.G.
ID: 1434
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Kommentare

Große Gratulation und hohe Anerkennung den beiden Autorinnen für ihr Engagement und dieses Werk. Als Ex-Tutzinger bin ich froh, eine so wertvolle Erinnerung an zweiundvierzig schöne Jahre nun vor mir auf dem Tisch zu haben. Danke!
Helge Haaser Passau
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