Von vorOrt.news

Weiße Nacht und Baustellenparty

Die Straßensanierung sorgt für neue Ideen der Tutzinger Geschäftswelt

Einen ganz neuen Eindruck hat ein „Tutzinger Wirtschafts-Treffen für Unternehmer & Selbstständige“ vermittelt: Die Straßensanierung, die sonst eher als ein notwendiges, aber lästiges Übel gilt, kann auch für eine ganz neue Aufbruchstimmung sorgen. Die Veranstaltung der Aktionsgemeinschaft Tutzinger Gewebetreibender (ATG) in den Räumen der Münchner Bank war ganz einem Thema gewidmet: „Miteinander Füreinander – wie kommen wir gemeinsam positiv durch die Endphasen der Straßensanierung in Tutzing? Die Ideen der anwesenden Geschäftsleute sprudelten regelrecht – und während der bisherigen Straßensperrungen haben manche von ihnen durchaus auch positive Erfahrungen gemacht.

Eine Flaniermeile zum Ausprobieren

Während der Straßenbauarbeiten kämen gefühlt mehr Leute als sonst, sagte eine Mitarbeiterin des Reisebüros „House of Travel“ in der Hauptstraße,. „weil sie an einer Ecke vorbei spazieren, an der sie sonst vorbei gerauscht sind“. Das könne man durchaus als Chance sehen: „Wir haben jetzt die Türen offen.“ Vielleicht, meinte sie, könne man eine Flaniermeile daraus machen. Sie verwies auch auf Fußgängerzonen in vielen anderen Orten.

Ob das etwas für Tutzing wäre, könne man bei dieser Gelegenheit gleich ausprobieren. Der ehemalige ATRG-Vorsitzende Roberto Mestanza erinnerte gleich an ideenreiche Aktivitäten während der früheren Straßensperrung. Die Eisdiele Corallo habe Tische neben die Baumaschinen gestellt: „Die haben das super gemacht.“ Andere haben sich über eine Tischtennisplatte des Sportgeschäfts Thallmair gefreut, die mitten auf der gesperrten Hauptstraße zum Spielen einlud.

Nach Meinung nicht weniger Einheimischer hat damals in Tutzing eine recht entspannte Stimmung geherrscht. Die Geschäfte schienen während der Sperrungen teils besser zu laufen als sonst, sagte die ATG-Vorsitzende Linda Schmieder. Es habe regelrecht einen „Baustellentourismus“ gegeben, viele hätten sich ein Eis gekauft: „So etwas ist durchaus positiv.“

Ortszentrum36.jpg
Stimmungsvolle Atmosphäre neben der Baustelle: Die Eisdiele Corallo hat nebendran Tische aufgestellt - und vielen Menschen scheint es gefallen zu haben © L.G.
Anzeige
Banner-TuHo-Gem-se-Job2.png

"Die Leute sind süchtig auf Aktionen"

In attraktiven Sonderaktionen sahen mehrere der Gewerbetreibenden gute Chancen. „Die Leute sind süchtig auf Aktionen“, sagte eine Geschäftsfrau sogar. „Eine Art Schnitzeljagd“ schlug eine andere Ladenbetreiberin beispielhaft vor. Damit könne man alle möglichen Angebote verbinden, Gutscheine, Rabattaktionen und Vieles mehr. Es wurden sogar regelmäßige Aktionen vorgeschlagen, so etwa jeden Monat eine Aktion mit einem bestimmten Schwerpunkt.

Auch optische Aktionen können die Blicke auf sich und auf die Geschäfte ziehen. Die Buchhandlung Held in der Hauptstraße hat in Absprache mit der betreffenden Firma ein Baustellen-Fahrzeug mit einem Plüschhasen „bespielt“, wie Inhaber Martin Held berichtete. Das kam bei vielen Leuten recht gut an.

Ortszentrum123.jpg
Spielplatz Hauptstraße: Thomas Thallmair, Inhaber des dortigen Sportgeschäfts, mit seiner Tochter Lisa an einer Tischtennisplatte, die er mittendrin aufgestellt hat © L.G.

Weiße Nacht: Festliche Kleidung, Leckerbissen, fantasievolle Beleuchtung und Walking-Acts

In viele Kommunen locken Veranstaltungen unter dem Titel „Weiße Nacht“ die Menschen in die Zentren. Diese Idee geht auf die „Weißen Nächte“ in den nordeuropäischen Ländern zurück, wo die Sonne spät untergeht und die lauen Sommernächte lange andaeuern. Roland Krykorka, der Inhaber des Geschäfts „Beautiful home and garden“ in der Greinwaldstaße, kann sich solche Events auch in Tutzing gut vorstellen, wie er sagte. Auch andere Veranstaltungen wie beispielsweise eine Französische Woche könnten attraktiv sein.

GAP.jpg
Weiße Nacht in Garmisch - ein Vorbild für Tutzing? © Michaela Nelhiebel / Werbegemeinschaft Garmischer Zentrum

In Garmisch wurde in einer Weißen Nacht am 13. Juli eine 500 Meter lange, festlich in weiß gedeckte Tafel aufgebaut, die sich vom Marienplatz bis zum Richard-Strauss-Platz erstreckte. Ein Mitarbeiter einer neuen Physiotherapiepraxis in der Tutzinger Hauptstraße sagte, er komme aus Garmisch und kenne die Organisatoren der dortigen Weißen Nacht. Er hatte auch gleich schon Ideen. So könne man zum Beispiel eine Eishockey-Wand aufstellen. Viele Gastronomen boten in Garmisch neben der langen Tafel kulinarische Leckerbissen an. Auf vier Bühnen sorgten DJs und Livebands für musikalische Umrahmung, nach Einbruch der Dunkelheit erstrahlte fantasievolle Beleuchtung, und ideenreiche Vorführungen – so genannte Walking-Acts - sorgten nach Auffassung der Organisatoren „für eine einzigartige Stimmung“ der Menschen, von denen viele in weißer festlicher Kleidung kamen.

Die Baustellenparty bleibt - obwohl die Straße längst fertig ist

In Rüsselsheim wurde bei Straßenbauarbeiten jeden Donnerstag von 18 Uhr bis 20 Uhr eine „Baustellenparty“ veranstaltet, berichtete ein Besucher, der als Prokurist einer Ingenieurgesellschaft tätig ist. Das sei nicht mit großem Aufwand verbunden gewesen: „Man hat einfach Bierbänke rausgestellt.“ Auch ein Baustellencontainer könne gute Dienste leisten. Diese Partys sind nach seinen Worten so gut angekommen, dass sie heute immer noch regelmäßig stattfinden – und das, obwohl die Straße längst fertig ist. „Das hat sich richtig etabliert“, erzählte er, „und die Baustelle wurde positiv angenommen.“

Die Tutzinger Geschäftsleute und Gastronomen sollten während der Straßensanierung mit Angeboten „auf die Straße rausgehen“, sagte Roland Krykorka. Dann sollten die Nebenstraßen, die bisher teils Eibahnstraßen sind, aber auch beidseitig befahrbar sein, fügte er hinzu. Das sei eine „richtig coole Idee“, sagte Tutzings Bürgermeister Ludwig Horn zu diesen Vorschlägen.

Ortszentrum56.jpg
Mahlzeit: Bei den vergangenen Sperrungen haben Tutzinger Geschäftsleute den Bauarbeitern eine Brotzeit spendiert - vielleicht ein Vorläufer von Baustellenpartys? © L.G.

Wie Tutzing ein attraktiver Einkaufsort für Menschen aus den Nachbarorten bleiben kann

Tutzinger-Stra-e-Feldafing.jpg
Wie ein Signal in schwierigen Zeiten: Die Tutzinger Straße in Feldafing führt nach Tutzing, wird aber offenbar von den Feldafingern seltener als früher für Einkaufsfahrten genutzt © L.G.

Viele Einwohner von Nachbarorten kommen generell gern nach Tutzing, wie mehrere Ladenbetreiber bestätigten, weil es in deren Orten keine vergleichbaren Geschäfte gebe. Die Kundschaft aus solchen Orten ist vielen Tutzinger Geschäftsleuten sehr wichtig. Wegen der vergangenen Straßenarbeiten seien etliche von ihnen aber viel seltener nach Tutzing gefahren, Negativ wirke sich zudem aus, dass geschäftliche Magnete wie Kohlen-Müller weggefallen seien.

Roland Krykorka schlug Berichte in den Publikationen von Nachbarkommunen wie Bernried, Feldafing und Pöcking vor. In solchen Informationen könne auf die Tutzinger Geschäfte, auf deren Erreichbarkeit und auf Aktionen hingewiesen werden. Die Gemeinde Tutzing könne in den jeweiligen Gemeindeblättern vielleicht jeweils eine Doppelseite buchen,meinte er. Druckerzeugnisse seien wichtig gerade für viele ältere Menschen. Umstritten war, ob solche Informationen von der Gemeinde oder von den Geschäftsleuten ausgehen sollten.

ID: 6947
Über den Autor

vorOrt.news

Kommentar hinzufügen

Anmelden , um einen Kommentar zu hinterlassen.
Feedback / Fehler melden