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Brahms-Apotheke wird Ende 2017 geschlossen

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Schluss nach 56 Jahren © L.G.

Eine Tutzinger Tradition endet: Die Brahms-Apotheke an der Hauptstraße wird zum Jahresende 2017 geschlossen. Die Inhaberin Julia Francke begründet dies mit einer infrastrukturellen Veränderung nach Entstehung des Einkaufszentrums an der Lindemannstraße. Über die Jahre hätten sich die Kundenströme immer mehr dorthin verlagert, wo sie seit ein paar Jahren auch die Lindemann-Apotheke betreibt.

Eine Rolle gespielt haben nach ihren Angaben auch die Folgen der Gesundheitsreformen in den vergangenen Jahren und das Erstarken des Versandhandels mit Arzneimitteln. Deshalb habe sie nach reiflicher Überlegung die „wirtschaftliche, personelle und persönliche“ Entscheidung getroffen, die Brahms-Apotheke zu schließen.

Belegschaften werden in der Lindemann-Apotheke zusammengeführt

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Apothekerin Julia Francke © Lindemann-Apotheke

Julia Francke hatte 2009 zunächst die Brahms-Apotheke und zwei Jahre später die Lindemann-Apotheke übernommen. Jetzt schreibt sie an ihre Kunden: „Es war mir zunehmend unmöglich, die Apotheke so zu führen, wie es meine persönlichen Ansprüche fordern, und die Zerrissenheit zwischen den beiden Standorten war mitunter sehr belastend.“ Hinzu gekommen sei eine starke Fluktuation innerhalb des Teams, die die beiden Betriebe immens beansprucht habe. Die Belegschaften beider Apotheken sollen nun in der Lindemann-Apotheke zusammengeführt werden.

Von dem bisherigen Team der Brahms-Apotheke übernimmt Julia Francke vier Mitarbeiterinnen in die Lindemann-Apotheke, zwei weitere haben die Schließung zum Anlass genommen, ihre Tätigkeit aus Altersgründen zu beenden. „Insgesamt darf ich stolz darauf sein, ein Team von sieben Apothekerinnen, sechs pharmazeutisch technischen Assistentinnen, drei pharmazeutisch kaufmännischen Angestellten sowie drei Botinnen zu beschäftigen“, so Julia Francke gegenüber vorOrt.news.

Im Ortszentrum wird es dann nur noch die „Schloss-Apotheke“ in der Hauptstraße geben. Auch die Benedikten-Apotheke in der Greinwaldstraße, später Bienen-Apotheke, ist schon vor Jahren geschlossen worden.

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Das komplette Team: (von links) Frau Weingessl, Frau Dohn, Frau Francke, Frau Jochner, Frau Dr. Barry, Frau Seidl, Frau Korm, Frau Weiß, Frau Lautenbacher, Frau Müller, Frau Eirenschmalz, Frau Flosdorf, Frau Pihale und Frau Deisenberger.
Foto: Lindemann-Apotheke

Eine Familie von Pharmazeuten: Zwölf Apotheker in verschiedenen Generationen

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Dr. Karl-Otto Gigl © privat

Die Brahms-Apotheke war 1961 von Dr. Karl-Otto Gigl gegründet worden. Seine Familie steht nicht nur in Tutzing für eine lange Apotheker-Tradition. „Wir waren im Höchststand zwölf Apotheker in verschiedenen Generationen“, erzählt er. Auch seine Frau Lieselotte Gigl ist Apothekerin. Sein Vater Otto Gigl hatte 1936 die damalige Apotheke Ziernbauer gepachtet und sie dann lange als „Tutzinger Apotheke“ geführt. Sie wurde später in „Schloss-Apotheke“ umbenannt, seit 1970 von Karl-Otto Gigls Frau Lieselotte geführt und 1996 an Dr. Antje Kroll-Horstmann verkauft.

Karl-Otto Gigl machte sich nach Studium und Approbation 1961 mit erst 26 Jahren im Gebäude der Familie Zistl an der Hauptstraße neben der Molkerei der Eigentümer mit der Brahms-Apotheke selbstständig, deren Namen übrigens die Pianistin Elly Ney vorgeschlagen hat. Er profitierte damals von einer Gesetzesänderung: Die zuvor fünfjährige erforderliche Wartezeit nach der Approbation bis zur Selbstständigkeit war gerade abgeschafft worden. Zeitweise war er der jüngste Apotheken-Besitzer Bayerns.

Gigl, von 1990 bis 1996 auch CSU-Gemeinderat in Tutzing, war für viele Tutzinger über lange Zeit eine Vertrauensperson. Er kannte sie gut und beriet sie sehr individuell. 1986 verkaufte er die Brahms-Apotheke an Angelika Beitzel, von der sie 2009 wiederum Julia Francke übernahm.

Karl-Otto Gigl ist zwar eigentlich seit 1996 im Ruhestand, doch mit der Arbeit hat er nie richtig aufgehört. Seine Frau hat über Jahre die Nord Apotheke in München geführt, in der er lange mitgearbeitet hat. Bis heute ist sie in dieser Branche tätig - zurzeit in der St. Antonius-Apotheke in Percha.

Quelle Titelbild: L.G.
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Kommentare

Wer Julia Francke kennt weiß, dass ihr dieser Entscheid nicht leicht gefallen ist. Um so genauer muss man sich Ihre Begründung ansehen: Die Internet-Konkurrenz einerseits: ein marginales Problem des gesamten Einzelhandels. Und die Parkplätze andererseits. Für eine mobile aber alternde Gesellschaft Voraussetzung für den dank Internet eigentlich nicht mehr nötigen Schritt aus dem Wohnzimmer hinaus ins Leben. Auf www.tutzinger-liste.de kann man unter "Wirtschaft" im Beitrag "Leere Läden, tote Gaststätten, öde Straßen" einen Blick in die Zukunft Tutzings wagen.
Helge Haaser Passau
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