Gemeindeleben
12.5.2025
Von vorOrt.news

Tutzing soll barriereärmer werden

Rundgang an der Hauptstraße lässt gute Lösungen und problematische Stellen erkennen

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Wie barrierefrei ist Tutzing? Um das herauszufinden, haben sich Einheimische bei einen Rundgang mit Willi Neuner (3.v.li.) an der Hauptstraße viele Stellen genau angeschaut, darunter auch mehrere Kommunalpolitiker wie Bürgermeister Ludwig Horn (re.) und die Gemeinderatsmitglieder Caroline Krug (li.), Barbara Doll und Claus Piesch (5. und 6. v. li.).

Es ist nicht alles schlecht. So etwa könnte in Abwandlung eines Songs der „Prinzen“ das Fazit nach einem Barrierefrei-Rundgang an der Tutzinger Hauptstraße lauten. Die Beteiligten fanden durchaus etliche Gründe für grüne Karten. Organisator Willi Neuner aus Traubing, der dritte Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Behindertenfragen im Landkreis Starnberg, lobte beispielsweise die im Zuge der Straßensanierung in nicht wenigen Abschnitten verbreiterten Gehwege. Deren Gefälle ist allerdings in einigen Bereichen zu stark geraten – gerade auch für Rollstühle, die auf diesen Flächen recht schräg fahren müssen. Da soll noch nachgebessert werden.

Auch manche Engstellen auf den Gehwegen sind für Menschen mit Rollstühlen immer noch problematisch. „Teilweise ist es brutal eng“, sagte Neuner. An den Absperrungen kommen Rollstuhlfahrer ohnehin nur schwer oder gar nicht vorbei, wie eine betroffene Dame bemerkte.

Auch in dieser Hinsicht richten sich viele Erwartungen auf die bevorstehende Beendigung der Sanierungsphase. Der Baufirma machte Neuner ein Kompliment: Deren Mitarbeiter seien immer bemüht, die Absperrungen so zu setzen, „dass es passt.“. Ob für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen letztlich wirklich alles passen wird, das sorgte bei dem Rundgang immer wieder für Gesprächsstoff. Bleibt zum Beispiel neben den Parkplätzen auf den Gehwegen überall eine ausreichende Breite, damit Rollstuhlfahrer durchkommen?

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Bleibt neben den Parkplätzen eine ausreichende Gehwegbreite auch für Rollstuhlfahrer? Bürgermeister Ludwig Horn nahm es genau, er hatte eigens ein Maßband mitgebracht.
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Gehweg mit unterschiedlicher Breite

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Eine grüne Karte für die Rampe an der Schloss-Apotheke: Diese Erleichterung war beim Rundgang eines der positiven Beispiele

Einer komme durch, sagte Neuner zum Beispiel im Bereich zwischen der Eisdiele Corallo und dem Vetterlhaus, „aber wenn einer entgegenkommt, wird es schwierig.“ Bürgermeister Ludwig Horn holte ein Maßband hervor und überprüfte die Abstände. 1,60 Meter bis 1,70 Meter breit ist der Gehweg dort, stellte er fest, an einer Stelle nur 1,40 Meter. Aber das reiche aus, sagte Neuner. An etlichen Zufahrten wären seiner Meinung nach Hinweisfelder und Leitsysteme auf den Wegen sinnvoll, die sehbehinderten Menschen helfen. Für problematisch hält er Deckel von Kanalschächten, die so ähnliche Muster haben wie Noppenfelder, die Sehbehinderten Hinweise geben. Da könne es zu Verwechslungsgefahren kommen.

Viel Anklang fand eine am Eingang der Schloss-Apotheke errichtete Rampe. Weniger gut gefiel denen, die dabei waren, eine neben der VR-Bank errichtete Straßenlaterne, die den Gehweg verengt. Aber diese Laterne befinde sich auf Privatgrund, wurde erläutert, und auf dem könnten die jeweiligen Eigentümer machen, was sie wollen. Der in diesen Themen offenkundig erfahrene Begleiter einer jungen Frau im Rollstuhl kommentierte lakonisch, es sei vertane Zeit, sich über so etwas aufzuregen. Um Konflikten künftig vorzubeugen, will die Gemeinde nach Angaben von Horn die Grenzverläufe mit so genannten Grenznägeln markieren.

Eher etwas bewegen – im wahrsten Sinn des Wortes – kann man vielleicht im Fall von Fahrzeugen, die so abgestellt werden, dass sie Wege verengen. Halb auf Gehwegen geparkte Autos etwa sind in Tutzing keine Seltenheit. Ausgerechnet vor einer Fahrschule an der Hauptstraße stand, als der Rundgang stattfand, ein Motorrad so, dass der Gehweg teils von ihm versperrt wurde. Auch alle möglichen Blumentöpfe, Schilder und andere Gegenstände auf den Gehwegen erschweren für Rollstühle oft das Durchkommen, sagte Neuner. Dennoch sollte man „die Kirche beim Dorf lassen“, meinte er. Nicht alles, was irgendwo steht, muss als Hindernis gelten.

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Problemstellen: Stufen, eine Laterne auf dem Weg und ein Motorrad, das ausgerechnet neben einer Fahrschule den Durchgang verengte

Schwierigkeiten mit den Markierungen

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Hilfe auf dem Boden: Willi Neuner zeigte, wie sehbehinderte Menschen die Markierungen ertasten können

Besonders kritisch wirkte Neuner, als der Rundgang bei relativ neuen Kennzeichnungen für sehbehinderte Menschen ankam. Solche „taktil-visuellen“ Markierungen gibt es beispielsweise auf der Querungsinsel neben der Hallbergerallee und auf den Gehwegen drum herum. Aber einige von ihnen seien teils falsch angebracht worden, kritisierte Neuner. Die Markierungen sind unterschiedlich. Sehbehinderte Menschen lernen genau, was sie bedeuten, damit sie sich besser zurechtfinden.

Quer markierte Linien oder Muster beispielsweise können auf Gefahren hinweisen, so etwa auf das Ende eines Gehwegs oder auf eine Kreuzung. An Zebrastreifen oder Fußgängerüberwegen können quer verlaufende Markierungen verwendet werden, um den Übergang zu kennzeichnen und die Sicherheit beim Überqueren zu unterstützen. Längs verlaufende Markierungen helfen sehbehinderten Menschen, sich entlang des Gehwegs zu orientieren. Diese Markierungen sollen sie sicher zu ihrem Ziel führen, indem sie eine klare Richtung vorgeben. Längsmarkierungen können auch dazu dienen, den Verlauf eines Gehwegs anzuzeigen und den Nutzern zu helfen, sich in einer geraden Linie zu bewegen. Durch die Kombination von quer und längs angebrachten Markierungen können sehbehinderte Menschen besser navigieren und sich sicherer im öffentlichen Raum bewegen.

Einige der in diesem Bereich angebrachten Markierungen seien nicht richtig, sagte Neuner. Warum? Wahrscheinlich hätten dijenigen, die sie angebracht haben, den Sinn nicht verstanden. Dafür gab es von ihm eine rote Karte. Unweit davon entfernt, vor dem Gymnasium, war er mit der dortigen Markierung viel zufriedener - und es gab eine grüne Karte.

Neuner zeigte sich entschlossen: „Unser Ziel ist, Tutzing barriereärmer zu machen.“ Am besten sei das immer dort möglich, wo gebaut wird. An der Hauptstraße gebe es zurzeit die meisten Gestaltungsmöglichkeiten. Große Hoffnungen werden auch mit ehrenamtlichen Initiativen wie dem Bau so genannter Legorampen verbunden. Neuner versucht alles zu dokumentieren, vorzugsweise mit Fotos, die demnächst auch auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft für Behindertenfragen veröffentlicht werden sollen.

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Falsch neben der Graf-Vieregg-Straße, richtig beim Gymnasium: Dafür gab es eine rote und eine grüne Karte von Willi Neuner, der Bürgermeister Ludwig Horn alles genau erläuterte © Fotos: L.G.
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