Gemeindeleben
27.5.2024
Von vorOrt.news

Räume für Geflüchtete

Peter Frey aus Tutzing gehört zu den Initiatoren von „raumgeben.net“ – Bisher 35 Wohneinheiten vermittelt

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Viele leer stehende Flächen - auch in Tutzing? © BG

„Nix leer stehen lassen“: Das empfiehlt die Initiative „raumgeben.net“, die vom Team Wohnen, Asyl-Helferkreis Herrsching gebildet wurde. Treibende Kräfte sind dabei Dr. Georg Strasser aus Herrsching und Dr. Peter Frey aus Tutzing, die sich schon bei der Flüchtlingswelle 2015 und in der Folgezeit hoch engagiert und erfolgreich um die Arbeitsvermittlung für Geflüchtete gekümmert haben. Jetzt suchen sie mit raumgeben.net Wohnraum für Flüchtlinge, von denen viele immer noch in provisorischen Unterkünften leben. Sie sehen wegen zunehmender Flüchtlingszahlen großen Bedarf über die im Aufbau befindlichen Anlagen wie auf der Tutzinger Klosterwiese hinaus.

Unter den Helferkreisen und Institutionen, die bei der Initiative mitwirken, ist auch der Ökumenische Unterstützerkreis Tutzing. Mit einem Wohnungsangebot kann man sich auch direkt an ihn wenden. „Wir bringen geflüchtete Menschen mit Vermietern zusammen, deren Flächen schwer zu vermieten sind“, erläutern die Initiatoren auf ihrer Webseite https://www.raumgeben.net/. Dort können sich Wohnungsanbieter registrieren, und Flüchtlinge können Wohnungsgesuche eingeben.

Mit einer Vorstellungsrunde in Gemeinderäten versuchen Frey und Strasser zurzeit, für ihre Idee zu werben und weitere Unterstützer zu finden. „Was machen wir, wenn die alle obdachlos werden?“ fragte Strasser kürzlich im Tutzinger Gemeinderat. „Wir müssen unbedingt etwas tun“, mahnte er. Es gebe viele leer stehende Mietflächen. Vielen Eigentümern seien ihre Häuser zu groß geworden. Für sie könne die Aufnahme zusätzlicher Bewohner hilfreich sein. Sie seien dann nicht mehr allein im Haus und könnten viele Problem lindern. Gerade für ältere Menschen könne es eine sinnvolle Möglichkeit sein, jemanden im Haus zu haben.

"Schwer vermietbare Wohnungen können für geflüchtete Menschen einen Nutzen haben"

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© https://www.raumgeben.net/

Im Landkreis Starnberg hat es immer wieder Ansätze für Konzepte unter dem Motto „Wohnen für Hilfe“ oder „Mitwohnen“ gegeben. In Tutzing hat der verstorbene Unternehmer Peter Gsinn vor Jahren versucht, auf so eine Weise leere Räume Wohnungsuchenden zur Verfügung zu stellen, die im Gegenzug die Eigentümer unterstützen. Daran erinnerte Caroline Krug (ÖDP), die sich auch erkundigte, ob es nicht Probleme mit solchen Firmen geben könne, die 24-Stunden-Kräfte in Haushalte schicken. Strasser sieht zu solchen Anbietern aber keine Konkurrenz, wie er sagte.

Früher sei es viel mehr üblich gewesen, Studenten oder Lehrlinge bei sich aufzunehmen, sagte Strasser. Gerade auch bei Erbengemeinschaften sei es oft unsicher, wie es weitergehe. Als mögliche Ursachen für schwere Vermietbarkeit nennen die Initiatoren von raumgeben.net Bauzustand / Sanierungsstau / Energiestatus, ältere Möblierung und mangelnde Abgeschlossenheit (Zimmer/Einliegerwohnungen). Viele dieser Wohnungen oder Häuser könnten für geflüchtete Menschen einen Nutzen haben: „Sie helfen auf dem Weg zu Selbständigkeit und Integration.“

Die Initiative „raumgeben.net“ arbeitet ehrenamtlich, eine Vermittlung ist für alle kostenlos. „Wir haben schon deutlich mehr erreicht, als wir gedacht haben“, sagte Strasser. Seit der Gründung der Initiative im März 2023 seien 35 Wohneinheiten vermittelt und dadurch etwa 80 Personen untergebracht worden. „Das entspricht immerhin fast einem Containerdorf“, sagte Strasser: „Das ist eine Alternative, die politisch nicht unwichtig ist.“ Angebote seien laufend in Prüfung.

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Bruttokaltmiete bis 1104,75 Euro bei 3-Personen-Haushalt gilt als angemessen

Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Modell bezeichneten Frey und Strasser als sehr gut. In vielen, nicht in allen Fällen helfe das Jobcenter bei der Finanzierung. Die meisten Vermieter begrüßten dies. Zu Fragen nach den erzielbaren Mieten nannte Frey durchschnittlich acht bis zehn Euro je Quadratmeter. Beim Landratsamt gebe es genaue Staffelungen. Die Mieten seien nicht marktbezogen. Strasser verwies auf die so genannte Angemessenheitsmiete, die je nach den örtlichen Gegebenheiten vom Jobcenter als Obergrenze festgelegt wird. Dabei gehe es nach der Zahl der Personen, nicht nach Quadratmetern. Beim Landratsamt Starnberg findet man diese Übersicht:

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Vergrößern: Bitte anklicken © Landratsamt Starnberg

Eventuell übernimmt der Staat die Miete

„Das sind Mieten, die tatsächlich wettbewerbsfähig sind“, sagte Strasser. Bei relativ kleinen Räumen könnten Vermieter sogar recht hohe Mieten realisieren. Falls ein Mietbewerber kein ausreichendes eigenes Einkommen besitzt, gibt es eine Vorklärung der Förderbarkeit durch Jobcenter und Sozialamt, wie die Initiative auf ihrer Webseite berichtet. Bei Bedarf und Angemessenheit der Bedingungen übernehme der Staat die Miete.

Quelle Titelbild: BG
ID: 6840
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Kommentare

Das ist ein ganz wichtiges Thema und für alle Tutzinger ein sehr nützlicher Ansatz.
Wir alle wissen, dass Gemeinschaftsunterkünfte ganz besonders hohe Ansprüche an die Belastbarkeit und an die Disziplin stellen.
In der Nachbarschaft genauso, wie bei den Bewohnern. Für geflüchtete Menschen in Not, in sowieso schon besonders belastenden Lebenssituationen erst recht.

Neben gesicherten Mieteinnahmen für bislang leer stehende Wohnungen, ist das auch ein wichtiger Beitrag zur besseren und schnelleren Integration hier bei uns in Tutzing. Am globalen Weltgeschehen, an Krieg & Vertreibung als Fluchtursache können wir hier in Tutzing ja am Allerwenigsten ändern.
Aber wir können - jeder nach seinen Möglichkeiten und an seinem Platz - alle zusammenhelfen, um diese Herausforderung in Tutzing bestmöglich zu bestehen. Wer freien, vermietbaren Wohnraum anbieten kann ...

Über unser Tutzinger Sprach Cafe (montags ab 1600 Uhr im ev. Gemeindehaus) habe ich schon einige Geflüchtete persönlich kennengelernt: Menschen wie Du & ich, mit unterschiedlichen Stärken & Schwächen, aber keine schlechten Menschen.
(Bearbeitet)
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