Gemeindeleben
17.9.2023
Von vorOrt.news

Tutzing übt Fußgängerzone

Gemütliches Ambiente neben Baggern und Absperrungen

Baustelle? Abgesperrte Straße? Ach was! Aus der aktuellen Not wird in Tutzing zurzeit an mehreren Stellen des Ortszentrums eine Tugend gemacht. Zwischen den Sperrschildern gibt es von den Bauarbeiten freie Bereiche - und die werden ideenreich genutzt.

In diesem Abschnitt wirkt die Hauptstraße zurzeit fast schon wie eine Fußgängerzone. Die Eisdiele Corallo konnte ihren Gästen neben dem „Baufeld 1“, solange es nicht fertig war, nur eine eher kleine Terrasse zur Verfügung stellen. Nun aber, nachdem der Bautrupp zur Marienstraße weiter gerückt ist, bietet Inhaber Raffael Pancera mehr Sitzplätze im Außenbereich an – und er schafft es mit seinem Team, nah bei den Baggern und Zäunen ein gemütliches Ambiente zu schaffen, das viele Menschen offenkundig sehr zu schätzen wissen.

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Eine einladende Terrasse neben den Bauzäunen: Raffael Pancera macht mit seiner Eisdiele Corallo das Beste aus der Situation © L.G.
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Gegenüber hat Thomas Thallmair vor seinem Sportgeschäft Liegestühle, eine kleine Tischtennisplatte und schmucke Bepflanzung aufgebaut. Für Passanten ist es sichtlich verlockend, beim Bummeln eine Pause einzulegen und zu den bereit liegenden Tischtennisschlägern zu greifen oder auf einem der Liegestühle mal kurz auszuruhen.

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Sport und Entspannung auf der Straße: Thomas Thallmair und seine Tochter Lisa beim Ping-Pong vor dem Geschäftseingang © L.G.

Auch in anderen Bereichen des Ortszentrums versuchen Geschäftsleute schon lange, attraktive Umgebungen zu schaffen. Auch wenn das wegen der meist schmalen Gehwege nicht so leicht ist, gelingt dies an etlichen Stellen mit geschickter Gestaltung. Neue Möglichkeiten dürften sich eröffnen, wenn die Bürgersteige im Zuge der Straßensanierung verbreitert werden.

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Die viel beschworene "Aufenthaltsqualität" gibt es in Tutzing längst: Beispiele im Ortszentrum - nahe der Baustelle oder etwas weiter entfernt © L.G.

Die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Straßensanierung ergeben haben, regen unter den Einheimischen mittlerweile weiterführende Diskussionen an. Die einen erinnern an schon vor vielen Jahren gemachte Vorschläge für einen Einbahnverkehr: in der Hauptstraße nach Norden, auf der derzeitigen Umleitung - Oskar-Schüler-Straße, Kirchenstraße, Bahnhofstraße - nach Süden. Die anderen finden die Idee einer Fußgängerzone in Tutzing reizvoll.

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Auf der Hauptstraße nach Norden, über Oskar-Schüler-Straße, Kirchenstraße und Bahnhofstraße nach Süden: Vorschläge für eine dauerhafte Einbahnregelung dieser Art wurden schon vor Jahren gemacht. Ob und wie das funktionieren könnte, kann man bei der aktuellen Umleitung studieren. © L.G.

Beide Varianten gelten derzeit als wenig wahrscheinlich, weil die Hauptstraße eine Staatsstraße ist und das für sie zuständige Staatliche Bauamt eine einseitige oder komplette Verkehrsunterbrechung in diesem Bereich wohl kaum akzeptieren würde. Unter den Tutzinger Geschäftsleuten sind die Meinungen sowohl zur Einbahnstraßen-Regelung als auch zur Fußgängerzone unterschiedlich. Würden sie eher profitieren oder müssten sie Einbußen befürchten? Manche erwarten Vorteile, andere eher Nachteile. Einige verweisen auch darauf, dass sie ihre Geschäfte immer mit dem Fahrzeug erreichen müssten.

Eine Entscheidung aber ist aktuell nicht fällig. Vorerst wird zwischen den Baufeldern mit Gastronomie-Terrassen, Liegestühlen und Sportgeräten sozusagen schon mal geübt, wie das mit einer Fußgängerzone in Tutzing sein könnte.

Mehr zum Thema:
Vorschlag für Fußgängerzone in Tutzing

ID: 6165
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Es ist ernüchternd zu hören, dass vor Ort die Möglichkeiten zur Zukunftsgestaltung abermals stark limitiert zu sein scheinen. Dass für das staatliche Bauamt die Aufenthaltsqualität im historischen Ortszentrum keine Priorität hat, ist selbst Idealisten wie mir klar. Dennoch liegt hier eine gewisse Hoffnung auf unserem diese Woche offiziell angelaufenen ISEK. Was den Einzelhandel angeht sind die Daten diesbezüglich jedenfalls eindeutig. "Der billige Parkplatz in der City ist nicht geeignet, Menschen vom Klick auf den Button „kaufen“ abzuhalten. Weniger MIV, mehr Grün, schöne Plätze, Flaniermeilen – solche Faktoren üben Anziehungskraft aus." https://www.fr.de/politik/weniger-autos-mehr-umsatz-92389286.html. "Fußgänger sind die wahren Umsatzbringer". Eine Analyse des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung: https://www.manager-magazin.de/harvard/marketing/fussgaenger-sind-die-wahren-umsatzbringer-a-d5fc3be8-0002-0001-0000-000179057699. "DIE BESTEN KUNDEN KOMMEN ZU FUSS." Laut einer Initiative vom KOMPETENZNETZ KLIMA MOBIL in Kooperation mit der FH Erfurt sind die umsatzstärkeren Kunden die FUSSGÄNGER. https://myle.de/die-besten-kunden-kommen-zu-fuss. Im Kern bestätigen alle Studien, dass 80% des Umsatzes vom lokalen Einzelhandel nicht von Autofahrern stammt, sondern von Menschen zu Fuß, auf dem Rad oder aus Bus und Bahn.* https://www.clevere-staedte.de/projekt/f%C3%BCr-den-verband-deutscher-verkehrsunternehmen-umweltverbund-bringt-einzelhandelsumsatz#:~:text=Im%20Kern%20best%C3%A4tigen%20alle%20Studien,die%20gr%C3%B6%C3%9Feren%20Scheine%20da%20l%C3%A4sst.
(Bearbeitet)
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