Um den Standort für eine Flüchtlingsanlage in Tutzing ist ein heftiges Ringen entbrannt. In einer Sondersitzung des Gemeinderats am Dienstag, dem 31. Januar soll die Entscheidung getroffen werden, wo die für einen mehrjährigen Bestand vorgesehene Containeranlage entstehen soll. Nachdem diese Entscheidung am Dienstag verschoben wurde, werden immer mehr denkbare Standorte für eine solche Anlage ins Gespräch gebracht.
Das Landratsamt Starnberg hat den leer stehenden Minigolfplatz an der Seestraße befürwortet, gegen den aber viele Bedenken vorgebracht werden. Andere plädieren für eine Wiese neben der Rotkreuzalm oben an der Traubinger Straße, die wiederum beim Landratsamt für nicht geeignet gehalten wird.
Eigentümer von Privatgrundstücken offenbar für Nutzung mit Containeranlage bereit
Unterdessen sind dem Landratsamt in dieser Woche nach Informationen von vorOrt.news zwei Privatgrundstücke vorgeschlagen worden. Deren Eigentümer sollen sich zu einer Nutzung mit einer Containeranlage bereiterklärt haben, und das Landratsamt soll eine Besichtigung dieser Grundstücke angekündigt haben.
Auch Bürgermeisterin Marlene Greinwald hat am Dienstag im Gemeinderat von Gesprächen mit privaten Grundstückseigentümern berichtet. Sie habe in dieser Angelegenheit viel telefoniert. Eine der betreffenden Flächen befinde sich in Richtung Fischerbuchet, sagte sie. Deutlich wies sie aber auch darauf hin, dass sie Grundstücke bei Nutzung für eine Containeranlage erschlossen sein müssten. Als wichtig gilt auch eine einigermaßen gute Erreichbarkeit von Bahnhof und Einkaufsmöglichkeiten.
Eine Fläche beim Kloster
Weitere Vorschläge für einen Standort sind am Dienstag bei der Gemeinderatssitzung zur Sprache gekommen. Einer davon ist eine Fläche des Klosters beim Hubschrauber-Landeplatz. Die Missions-Benediktinerinnen scheinen sich für eine Nutzung dieses Areals generell offen zu zeigen.
Die Lindlwiese beim Rathaus und die Wiese unterhalb der evangelischen Kirche
Flora Weichmann (Grüne) erinnerte in der Gemeinderatssitzung an die schon mehrmals vorgeschlagene Lindlwiese neben dem Rathaus. „Ich bin begeistert über den Geist in der Gemeinde, Leute aufzunehmen und zu integrieren“, sagte Bürgermeisterin Greinwald dazu. Die Rathauswiese werde aber für den sozialen Zusammenhalt gebraucht – den werde es nicht mehr geben, wenn dort die Anlage errichtet werde. So werde dort am 30. Januar wieder die „Tutzinger Lichterkette“ stattfinden: „Das ist unser Integrationsplatz.“ Weiter vorgeschlagen wurde die Wiese unterhalb der evangelischen Kirche. Auch sie habe man geprüft, erwiderte die Bürgermeisterin, aber sie sei zu klein, und auch dort finde Integration statt. Anregungen gab es ebenso für eine Anlage in einem der Tutzinger Ortsteile. Sie sind aber nach Meinung von Marlene Greinwald zu weit entfernt, Möglichkeiten gebe es nur im Ortskern.
Die leer stehenden Gebäude im Schönmoos
Christine Nimbach (fraktionslos) brachte die leer stehenden Gebäude im Schönmoos ins Gespräch, die der Verband Wohnen durch Neubauten ersetzen will. Auch im alten Hotel Seehof seien vor Jahrzehnten Flüchtlinge untergekommen: „Der hat vorher sogar noch länger leer gestanden.“ Caroline Krug (ÖDP) erkundigte sich auch nach einer Nutzung der Kustermannvilla für eine Flüchtlingsanlage. Die werde als „Pfand“ für die Sanierung der Mittelschule gebraucht, sagte Greinwald dazu.
Minigolfplatz heftig umstritten
Die Vertreter des Landratsamts hatten in der Sitzung in Hinblick auf den Minigolfplatz mit dem Hinweis auf den „Faktor Zeit“ Druck zu machen versucht, weil nur jetzt eine Firma für die Container-Aufstellung zur Verfügung stehe. Die Gemeinderatsmitglieder und Bürgermeisterin Marlene Greinwald ließen sich dadurch aber nicht beirren. Sie brachen die Diskussion nach längerer Aussprache ab und beschlossen eine Verschiebung der Entscheidung bis zur Sondersitzung. Der Minigolfplatz bleibt auch nach der Gemeinderatssitzung als denkbarer Standort für die Anlage heftig umstritten, wie die aktuelle Diskussion zeigt - wegen seiner Lage im Freizeitgebiet, seiner nicht allzu großen Fläche, seiner Dreiecksform, der Nähe des Straßenlagers und der Nähe des Tabaluga-Heims, weil Risiken vor allem für dort untergebrachte Mädchen und junge Frauen befürchtet werden.
Wiese neben der Rotkreuzalm: "Ein bisschen in Richtung Klein-Sibirien"
Zur Wiese neben der Rotkreuzalm sagte Sabine Neumann vom Landratsamt, von dort aus müssten die Menschen, wenn sie in den Ort wollten, 700 Meter über eine dunkle, unbeleuchtete Straße laufen, auf der es keinen Fußweg gebe. Mütter mit Kindern würden dort großen Gefahren ausgesetzt sein, die Integration werde an diesem Standort schwierig werden. Bürgermeisterin Greinwald, die selbst unweit entfernt von der Rotkreuzalm wohnt, unterstützte diese ablehnende Haltung mit den Worten: „Das liegt ja schon ein bisschen in Richtung Klein-Sibirien – ich kann da oben mitreden.“ Auch die Bushaltestelle sei ein Stück entfernt. Kreisbaumeister Christian Kühnel sagte zudem, bei der Rotkreuzalm würde nur eine auf drei Jahre befristete Anlage möglich sein, doch benötigt werde eine sehr viel längere Lösung. Andere wollten da nicht so große Probleme erkennen. Die Flüchtlinge hätten auch eine Bringschuld, meinte Christine Nimbach: „Da können sie auch mal ein paar Meter laufen.“ Auch Joachim Weber-Guskar (FDP) bezeichnete das Argument mit dem langen Weg nicht als kräftig: „Wichtig ist in erster Linie ein Dach über dem Kopf.“ Kühnel sah sich schließlich zu der Bemerkung veranlasst, der Standort bei der Rotkreuzalm werde in ein besseres Licht gerückt, als es den Tatsachen entspreche: Wenn Mütter mit Kinderwägen 700 Meter bis zur Zugspitzstraße laufen müssten, werfe das kein gutes Bild auf die Gemeinde.
Ein Brief von Tabaluga
Einen gewissen Wechsel in der kritischen Stimmung zum Minigolfplatz wegen des nahen Tabaluga-Heims schien Sabine Neumann vom Landratsamt im Gemeinderat mit einem neuen Hinweis zu erreichen: Die Regierung von Oberbayern habe zugesagt, dass in der vorgesehenen Anlage auf dem Minigolfplatz nur Familien untergebracht würden, nicht alleinstehende Männer. Mehrere Gemeinderatsmitglieder, so Barbara Doll (UWG Traubing) und Bernd Pfitzner (Grüne), erklärten daraufhin, mit Familien könnten sie eine Anlage auf dem Minigolfplatz eher akzeptieren. Im Publikum war bei der Sitzung auch Wolfgang Brandstetter, der Geschäftsführer und pädagogische Leiter der Tabaluga-Kinderhäuser. Von Bürgermeisterin Greinwald auf diese Regierungszusage angesprochen, erklärte er: „Mit Familien könnte ich es mir dort unten sehr gut vorstellen.“ Von dieser Aussage ist Brandstetter aber inzwischen mit einem Brief an die Bürgermeisterin und die Mitglieder des Gemeinderats wieder abgerückt, wie mehrere Tutzinger Kommunalpolitiker auf Anfrage von vorOrt.news bestätigt haben. Hintergrund sind offenbar Zweifel, ob es auf Dauer tatsächlich ausschließlich bei Familien bleiben werde. Das Landratsamt, so die Vermutungen, werde dies nicht gewährleisten können.
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Kommentare
Also jedenfalls schon mal nicht im Gebiet der Gemeinde Tutzing.
Falls der Kommentar von Herrn Vahsen ironisch gemeint sein und ich dies übersehen haben sollte, bitte ich natürlich um Entschuldigung.
Andernfalls hätte ich nicht gedacht, dass ich einem Kommentar von Herrn Kerbs mal zustimmen würde...
Man führt ihm also so richtig vor, was er vielleicht nie erreichen kann. Das grenzt doch an seelischen Grausamkeit.
Eigentlich gibts keinen schlechteren Platz in Tutzing.
Lieber Gemeinderat,
Liebe Tutzinger,
erlauben Sie mir den Artikel wie folgt zu kommentieren:
1. welche Gefahren drohen denn dort an dieser quasi kaum befahrenen Straße in "Klein-Sibirien"? Für die Tutzinger Kinder&Mütter schien diese 700 m unbeleuchtete Wegstrecke ohne angelegten Fußweg zu den Kindergärten bisher auch zumutbar. Beleuchtung sollte sich doch installieren lassen. Zudem könnte man ja einen Fußgängerweg analog der Bräuhausstrasse auf der Straße markieren.
2. eine Integration in die Kindergärten nebenan wäre optimal
3. Fraglich ist auch wieviel Mütter mit Kindern in der Dunkelheit dort unterwegs sein werden? Erledigungen können doch mit Sicherheit auch während des Tages organisiert werden
4. diese Lage mit Klein-Sibirien zu vergleichen ist doch weit hergeholt, vielmehr möchte man vermuten, dass Frau Greinwald die Containerlandschaft nicht in ihrem Vorgarten haben will!