Gemeindeleben
16.3.2022
Von vorOrt.news

Leere Wohnblöcke nicht für Flüchtlinge

"Menschenunwürdig" - Bürger sollen Räume zur Verfügung stellen - Spendenkonto des Landratsamts

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Rund 70 ehrenamtliche Helfer von mehreren Feuerwehren und BRK-Bereitschaften sowie dem Technischen Hilfswerk haben am vergangenen Wochenende geholfen, die Rathausturnhalle in Gilching für Menschen aus der Ukraine herzurichten. Vorn im Bild 2.v.re Landrat Stefan Frey. © Landratsamt Starnberg

Etwa 400 Geflüchtete aus der Ukraine sind bereits im Landkreis Starnberg angekommen. Sie sind privat sowie in vom Landratsamt angemieteten Unterkünften untergekommen. Am kommenden Montag wird mit der Belegung einer Erstaufnahmeeinrichtung in der Gilchinger Rathausturnhalle begonnen, teilt das Landratsamt Starnberg mit, das unterdessen auch ein Spendenkonto für die geflüchteten Menschen eingerichtet hat (siehe unten auf dieser Seite).

Ob die Gemeinde Tutzing Wohnungen für die Betroffenen zur Verfügung stellen könne, erkundigt sich Flora Weichmann (Grüne) kürzlich im Gemeinderat. „Wir bieten keine Wohnungen an“, antwortete Bürgermeisterin Marlene Greinwald. Ob es denn keine Leerstände gebe, hakte Flora Weichmann nach. „Viele Häuser in Tutzing stehen leer“, erwiderte Greinwald, „aber das ist in der Verantwortung der jeweiligen Besitzer.“ Die Gemeinde habe keine Zwangsmöglichkeiten. „Ich appelliere an die Bürger, wenn sie bewohnbare Wohnungen haben, sie zur Verfügung zu stellen“, sagte die Bürgermeisterin. Das Landratsamt Starnberg bezeichnet ebenfalls die Unterbringung von Flüchtlingen bei Privathaushalten als Ziel. Mit der Anmietung von privatem Wohnraum will die Kreisbehörde Risiken von Konflikten aus dem Mietvertrag minimieren.

Wohnungen in anderen Gebäuden des Verbands kommen vielleicht in Frage

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Die Wohnblöcke im Schönmoos gelten als nicht mehr bewohnbar © L.G.

Im Tutzinger Gemeinderat erkundigte sich Flora Weichmann – wie auch schon andere Einheimische bei vorOrt.news - nach einer Nutzung der mittlerweile leer stehenden Wohnblöcke aus den 1950er Jahren im Schönmoos für diesen Zweck. „Die sind nicht mehr bewohnbar“, erwiderte Bürgermeisterin Greinwald: „Dort können wir niemand menschenwürdig unterbringen, ohne hunderttausende Euro in die Hand nehmen zu müssen.“ Sie fügte hinzu: „Sonst hätte der Verband gesagt, wir machen das.“ Bürgermeisterin Greinwald ist Vorsitzende des Verbands Wohnen, der im Landkreis Starnberg für den sozialen Wohnungsbau zuständig ist. Zum Verband gehören auch die Blöcke im Schönmoos, in deren 50 Wohnungen seit dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte zahlreiche Vertriebene gelebt hatten. Der Prozess sei nicht mehr zu stoppen, fügte die Rathauschefin unter Hinweis auf den geplanten Abbruch der großen Gebäude an der Niederebersdorfer Straße und der Sudetendeutschen Straße hinzu.

Auch Andreas Oberhofer, der Geschäftsführer des Verbands Wohnen, spricht auf Nachfrage von einem beträchtlichen Aufwand, der notwendig sei, um die schon seit längerer Zeit als nicht mehr sanierungsfähig geltenden Wohnungen im Schönmoos bewohnbar zu machen. So gebe es Schimmel, zum Teil seien keine Heizungen in den Räumen, sondern nur einzelne Öfen. Manche der Wohnungen hätten nicht mal ein Bad, sondern nur eine Toilette. Auf die anderen Gebäude des Verbands angesprochen, sagt Oberhofer, tatsächlich würden immer wieder mal Wohnungen frei: „Das wäre vielleicht eine Möglichkeit.“ Ob sie für Flüchtlinge genutzt werden können, müsse man prüfen. Im Verband Wohnen sind 13 Gemeinden – nicht die Stadt Starnberg - und der Landkreis Starnberg vertreten. Aktuell bewirtschaftet der Verband nach Angaben auf seiner Webseite einen Bestand von rund 2500 eigenen Mietwohnungen, teils öffentlich gefördert, teils freifinanziert. Die Bestände sind verteilt auf sämtliche Kommunen im Landkreis Starnberg.

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Turnhallen für Flü.chtlinge "nur im allergrößten Notfall"

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Entwurf der drei künftigen Bauten im Schönmoos. Links der Schönmoosweg, rechts die Bräuhausstraße. © © Bogevischs Buero Architekten & Stadtplaner GmbH

Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP) fragte im Gemeinderat auch nach, ob Turnhallen für die Unterbringung von Flüchtlingen in Frage kämen. „Wir würden sie zur Verfügung stellen, wenn es soweit käme“, sagte Greinwald dazu, „aber nur im allergrößten Notfall – diese Vorstellung finde ich nicht besonders toll.“

Der Abbruch der Blöcke im Tutzinger Schönmoos ist laut Oberhofer für dieses Jahr vorgesehen. Vier neue Gebäude mit je maximal drei Vollgeschossen sollen nach früheren Angaben im nächsten Jahr an der Niederebersdorfer Straße und an der Sudetendeutschen Straße errichtet werden. Die Bauzeit ist mit zweieinhalb Jahren angegeben worden. Fürs Schönmoos ist der Kallerbach kein Vorbild Ob in der künftigen Anlage die gleichen Mieten wie am Kallerbach gelten sollen, darauf hat sich der Verband noch nicht festgelegt. Am Kallerbach verlangt der Verband für Wohnungen mit Wohnberechtigungsschein 7,50 Euro je Quadratmeter und ohne Wohnberechtigungsschein 10 Euro je Quadratmeter. Dort sind die 70 neuen Wohnungen nach Oberhofers Angaben mittlerweile komplett bezogen: „Nur die Außenanlagen werden noch fertig gemacht.“

Zu dem vom Landratsamt Starnberg eingerichteten Spendenkonto erläutert Landrat Stefan Frey: „Es gibt einiges, was über die sozialen Hilfeleistungen, den Finanzierungstopf des Freistaates oder die ehrenamtliche Unterstützung nicht abgedeckt werden kann.“ Beispielhaft nennt er Spielzeug für die Kinder, Tierfutter und Transportkörbe für Tiere. „Egal ob kleine oder große Geldbeträge, wir sind für alle Spenden dankbar“, so Frey. Die Gelder würden ausschließlich für Hilfen im Landkreis Starnberg verwendet, versichert er. Mit dem Spendenkonto komme das Landratsamt auch einem vielfach geäußerten Wunsch von Menschen im Landkreis nach.

Spendenkonto:

Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg
IBAN: DE37 7025 0150 0430 0500 47
BIC: BYLADEM1KMS
Bitte als Verwendungszweck: Ukrainehilfe Landkreis Starnberg angeben.

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt, wird gebeten, eine E- Mail an finanzwesen@lra-starnberg.de zu schicken. Die E-Mail sollte neben dem Betreff „Spendenbescheinigung“, die Angabe von Name und Vorname, Anschrift, sowie die Höhe der Spende enthalten.

Informationen rund um die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

Wer Fragen rund um die Hilfe hat, kann diese an die Ukraine-Hotline des Landratsamtes Starnberg unter Telefon 08151/148 77799 oder per Mail an ukraine-hilfe@lra-starnberg.de richten. Darüber hinaus sind auf der Homepage unter www.lk-starnberg.de/ukrainehilfe viele Informationen zu finden.

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