Es war eine heiße Phase in Tutzing. Pläne, das Midgardhaus abzureißen und an seiner Stelle ein Hotel des Steigenberger-Konzerns zu errichten, riefen 1976 eine Bürgerinitiative zur Erhaltung des alten Gebäudes auf den Plan. Mit dabei war eine Prominente: Marianne Koch. Die damals 45 Jahre alte gebürtige Münchnerin hatte wenige Jahre zuvor ihre Schauspiel-Laufbahn beendet, ihr zuvor begonnenes Medizinstudium wieder aufgenommen und auch schon das Staatsexamen abgelegt.
Beim Rückblick an ihrem 90. Geburtstag, den sie am heutigen Donnerstag, 19. August, feiert, kann dieses lokale Tutzinger Thema eher wie eine Randerscheinung in einem Leben mit mehreren beeindruckenden Karrieren wirken: Erst in mehr als 70 Filmen an der Seite von Curd Jürgens über Heinz Rühmann und O.W. Fischer bis zu Clint Eastwood, in Fernsehserien wie „Tim Frazer“ nach Durbridge und als Mitglied des Rateteams in Robert Lembkes „Was bin ich?“, dann als Ärztin mit eigener Praxis von 1985 bis 1997 am Münchner Ostbahnhof, als Buchautorin, Medizinjournalistin und Moderatorin. Doch genauso typisch für Marianne Koch ist ihre Heimatverbundenheit.
„Ich bin ziemlich stolz, daran beteiligt gewesen zu sein“
„Der Abriss des Midgardhauses wäre eine Vergewaltigung des Ortes gewesen“, sagte sie kurz vor ihrem Geburtstag in einem Interview mit dem „Starnberger Merkur“. So erklärte sie sich 1976 spontan zur Mitwirkung an den Aktionen zur Erhaltung des Midgardhauses bereit, die das Ehepaar Christa und Joachim Jaworski, selbst Bewohner des Midgardhauses von 1958 bis 1975, zusammen mit Gleichgesinnten vorangetrieben hatte. Zum späteren Erfolg der Bürgerinitiative, die das Midgardhaus rettete und letztlich die Hotelpläne zu Fall brachte, dürfte Marianne Koch schon durch ihre Bekanntheit wesentlich beigetragen haben. In einem Beitrag für die „Tutzinger Nachrichten“ betonte sie erst vor nicht allzu langer Zeit: „Ich bin ziemlich stolz, daran beteiligt gewesen zu sein.“
An solchen Bemerkungen zeigt sich die begeisterte und engagierte Tutzingerin. Für Marianne Koch ist diese Gemeinde nach einer schwierigen Phase, der Trennung von ihrem Mann Gerhard Freund, 1973 Wahlheimat und Ruhepol geworden. Welche Bedeutung für sie trotz aller vielseitigen Aufgaben private Besonderheiten haben, das hat sie kürzlich in einer Sendung des „Bayerischen Rundfunks“ durchblicken lassen: Als die wichtigsten Momente ihres Lebens bezeichnete sie das Aufwachsen ihrer Söhne, ihr Staatsexamen mit der Note 1 und ihr Zusammenleben mit dem Publizisten und Schriftsteller Peter Hamm, der von Mitte der 1970er Jahre bis zu seinem Tod 2019 ihr Lebensgefährte war.
„Drei bis vier Mal in der Woche ein strammer Spaziergang auf die Ilkahöhe - ein guter Anfang“
Engagement für Tutzing zeigt Marianne Koch immer wieder - oft ohne viel Aufhebens davon zu machen, wie es ihre Art ist. Wie beim Midgardhaus war sie zum Beispiel bei einer konzertierten Aktion gegen eine geplante Mülldeponie nahe Monatshausen dabei. Sie gehört auch dem Freundeskreis der Ambulanten Krankenpflege an, der jährlich beachtliche finanzielle Beiträge leistet und damit das qualitativ hohe Niveau der Arbeit erst ermöglicht, das allein durch die Kranken- und Pflegekassen nicht zu gewährleisten wäre. In Rundfunksendungen wie dem „Gesundheitsgespräch“ mittwochs um 10.05 Uhr im Radiosender Bayern 2, in Büchern und in Vorträgen - auch in Tutzing - bringt sie den Menschen komplexe Gesundheitsthemen auf sehr verständliche Weise nahe, mit Ratschlägen, die viele Menschen schätzen.
Dabei findet sie auch gern lokale Bezüge. „Drei bis vier Mal in der Woche ein strammer Spaziergang zum Beispiel auf die Ilkahöhe - das ist ein guter Anfang“, sagte sie einmal im Roncallihaus. Da ging ein Raunen durchs Publikum, denn die meisten Tutzinger wissen recht gut, dass es da ganz schön bergauf geht. In ihrem Wohnhaus oberhalb der Siedlung am Höhenberg, direkt am Weg, der zur Ilkahöhe hinauf führt, ist Marianne Koch selbst quasi schon auf halber Höhe - im Gegensatz zu denen, die erst mal ganz unten im Ortszentrum starten müssen. Aber sie geht regelmäßig mit ihrem Hund hinauf. Mit Hilfe solcher und anderer Methoden glaubt sie älter werden und gleichzeitig jung bleiben zu können. „Alt werde ich später“ - so lautet auch der Titel eines neuen Buchs von ihr, das sie, nimmermüde wie eh und je, geschrieben hat und das am Freitag erscheint.
Was bin ich? Die Titelfrage aus Robert Lembkes einstigem heiterem Beruferaten würde Marianne Koch selbst heute wohl kaum mit „Schauspielerin“ beantworten. Ihre Filmkarriere scheint für sie wie eine Phase aus einem früheren Leben zu sein.
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