
Ein Schwan klemmt sich beim Tutzinger Dampfersteg ein - und wer hilft sofort? Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, von Spaziergängern alarmiert, waren am Samstagnachmittag schnell an Ort und Stelle. Schwan am Dampfersteg eingeklemmt Wie so oft, haben sie geholfen - auch wenn die Aufgabe schwierig und ungewöhnlich war. Am Abend zuvor hat die Feuerwehr im Roncallihaus ihre Jahreshauptversammlung abgehalten, und dort wurde die große Palette ihrer Aktivitäten deutlich.
Unter 153 Einsätzen im vorigen Jahr waren „nur“ 17 Brände. Die Tutzinger Feuerwehr überzeugt durch enorme Vielseitigkeit. Bei den massiven Schneefällen im vorigen Jahr war die Tutzinger Feuerwehr im Rahmen der Katastrophenhilfe im Einsatz, und zwar mit zwei voll besetzten Fahrzeugen - einmal neun, einmal zehn Personen - in Holzkirchen (Landkreis Miesbach). Die Feuerwehrleute bewältigen Einsätze bei Stürmen, sie räumen Bäume von Bahngleisen, Straßen und Autos weg und pumpen Wasser aus Kellern. Einmal brauchte ein Notfallmanager der Bahn Unterstützung beim Umsetzen der Fahrgäste von einem liegengebliebenen Zug in einen anderen. Wenn Tiere in Not sind wie am Samstag der Schwan am Dampfersteg, sind oft Feuerwehrleute diejenigen, die helfen. Ihr Kommandant Markus Kuisl berichtete auf der Jahreshauptversammlung über etliche Beispiele - von einem Marder über einen Biber bis zu einer Ringelnatter. Das hat gleich zu einer Schulung über Schlangen geführt, die sich als bestbesuchte Veranstaltung erwies.
Hohes Lob für schnelle Hilfe bei Stürmen

Erst kürzlich beim Sturm „Petra“ haben Tutzinger Bürger ihre Feuerwehrleute sehr für ihre schnelle Hilfe gelobt. Sturm "Petra" leistet ganze Arbeit Als sie im August vergangenen Jahres bei Regen und Sturm ein Bahngleis von einem Baum befreiten, brachte ihnen ein Bub aus der Nachbarschaft eine Schachtel Pralinen. „Das war richtig nett“, schwärmte Kuisl. Für andere gilt das weniger. Einmal wurde die Feuerwehr zum Mobilfunkmast beim Waldfriedhof gerufen. „Der Wind kam ungünstig“, erzählte Kuisl. Es roch nach Abgasen, aber es war alles in Ordnung. Den Anwohner, der die Feuerwehrleute mitten in der Nacht alarmiert hatte, störte das nicht: „Ihr seid doch auch für den Umweltschutz zuständig“, rief er ihnen ungerührt zu.
Ob tagsüber oder nachts - viele erwarten von den Feuerwehrleuten ständige Einsatzbereitschaft. Dabei sind die meisten von ihnen ganz normale berufstätige Menschen, die diesen Dienst ehrenamtlich nebenbei erledigen. Natürlich ist es eine Gratwanderung. Im Fall des Falles lieber einmal zuviel als einmal zu wenig Alarm schlagen, wird wohl jeder Experte raten. Doch es fällt schon auf, wenn Kommandant Kuisl bei der Jahreshauptversammlung berichtete: „Häufig wurden wir alarmiert und gleich oder etwas später oder auch viel später wieder abbestellt.“ Oder die Feuerwehr habe keine Feststellung machen können, „weil zum Beispiel der nächste Passant den Ast selbst zur Seite gezogen hat oder das Wasser nach Abklingen des kurzen Schauers von selbst wieder abgelaufen ist“.
Nicht selten sind vermeintliche Notfälle in Wirklichkeit gar keine, sagte Kuisl.Etliche Fälle waren nach seinen Worten darunter, bei denen es zu keinem Zeitpunkt gebrannt hat „oder die Brandmeldeanlage hat gemeint, es brennt“. Immer mehr private Brandmeldeanlagen, Rauch- und auch Gaswarnmelder gibt es, die Alarm aussenden, auch wenn es gar nicht erforderlich wäre. „Ab und zu piepst es ohne Grund“, sagte Kuisl, „aber wenn jemand vorbeigeht, wird die Feuerwehr gerufen.“ Die Tutzinger Feuerwehrleute versuchen sich dann so weit wie möglich ohne große Beschädigungen Zugang zur betreffenden Wohnung zu verschaffen, sagte Kuisl unter Hinweis darauf, dass er von anderswo schon auch viele Fälle eingeschlagener Fenster und aufgebrochener Türen in der Folge solcher Alarme kennt: „Das alles nur wegen einem Rauchmelder, der piepst.“ Einmal wurde die Feuerwehr wegen Wasser im Keller nach Unterzeismering gerufen. „Es war nicht ganz ein Liter“, berichtete Kuisl, „und das um halb vier Uhr früh.“
Anerkennung für Tutzinger Arbeitgeber

Im vorigen Jahr war die Tutzinger Feuerwehr nach Kuisls Angaben von der höchsten Zahl an Fehlalarmen in den vergangenen sechs Jahren betroffen, bei denen sie nicht tätig werden musste. „Grundsätzlich ist man in solchen Fällen natürlich erleichtert, dass nichts Schlimmes passiert ist und dass niemand zu Schaden gekommen ist“, kommentierte der Kommandant: „Anderseits nervt das Gemenge an Unbeholfenheit, Unwilligkeit und Anspruchsdenken, das immer mehr Zeitgenossen an den Tag legen.“ Kuisl sprach regelrecht von einer „Katastrophenhysterie“, die heutzutage „bei jeder Unregelmäßigkeit“ auftrete. Sie habe „Zermürbungspotenzial“. Auch die Integrierte Leitstelle (ILS) sei leider nicht sehr hilfreich, wenn es um die nüchterne Einschätzung notwendiger Maßnahmen gehe. Das bayerische Innenministerium sollte nach Kuisls Meinung seine aktuelle Alarmierungsbekanntmachung überdenken, die von den Leitstellen „gesetzestreu, aber ohne Augenmaß“ umgesetzt werde.
Mehr als 1300 Einsatzstunden haben Mitarbeiter bei der Tutzinger Feuerwehr 2019 geleistet. Nach Angaben von Boris Wolff, dem Vorsitzenden des Feuerwehrvereins, gibt es in Tutzing derzeit 103 aktive Vereinsmitglieder. Dennoch sprach der Kommandant von einer „eklatanten Personalknappheit“. Die Personalstärke sei tagsüber nach wie vor kritisch, und nachts sehe es noch schlechter aus. Als hilfreich erweisen sich einige Neuzugänge, so Mitarbeiter der Gemeinde, die auch Feuerwehrdienst leisten, sowie „Einpendler“ - Menschen, die in Tutzing arbeiten, woanders wohnen, aber tagsüber für die Feuerwehr zur Verfügung stehen. Anerkennend äußerte sich der Kommandant über Tutzinger Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter stets an Feuerwehreinsätzen teilnehmen lassen, auch wenn im Unternehmen viel zu tun ist, ohne nach einem finanziellen Ausgleich zu fragen.
Engagierte Nachwuchsarbeit

Viele jüngere Besucher der Versammlung belegten gleichzeitig eine auffallend engagierte Nachwuchsarbeit. Jugendwart Christoph Knobloch berichtete über mehr als 3300 Stunden Jugendarbeit. Viel Anerkennung gab es für den von den Tutzingern organisierten 41. Jugendpokal der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Starnberg. Die Aktivitäten reichen mittlerweile weit über die Feuerwehr hinaus, wie die starke Beteiligung beim so genannten „Demokratieführerschein“ in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule belegt, für den die Jugendfeuerwehr eine Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs als Thema gewählt hat.
Feuerwehrbedarfsplan für Tutzing in Arbeit
Das Ingenieurbüro Forplan in Bonn arbeitet seit Ende vorigen Jahres an einem „Feuerwehrbedarfsplan“ für die Gemeinde. Auf dessen Ergebnisse und auf die Empfehlungen für konkrete Maßnahmen zur Sicherstellung des wirksamen Brandschutzes und der ausreichenden technischen Hilfeleistung im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Tutzing warten die Verantwortlichen gespannt. Im Rahmen dieses Bedarfsplans werden nach Angaben von Kuisl die technischen und personellen Gegebenheiten im Feuerwehrwesen der Gemeinde Tutzing betrachtet und bewertet. Darüber hinaus würden allgemeine Zustände wie zum Beispiel die Löschwasserversorgung, die Infrastruktur sowie die demografische und wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde analysiert. Gewisse Verbesserungen gab es in jüngerer Zeit schon, so am Feuerhaus eine neue Alarmierungssoftware und neue Scheinwerfer.
Mehrzweckboot des Landkreises ist seit ein paar Tagen in Tutzing

Selbst überrascht waren die Verantwortlichen der Tutzinger Feuerwehr über diese Nachricht: Ein zum Katastrophenschutz gehörendes neues Mehrzweckboot des Landkreises wird bei ihnen in Tutzing stationiert, nicht in Starnberg oder in Herrsching. Das von der Petersauracher Firma Josef Reich zentimetergenau so gebaute Boot, dass es ins Feuerhaus passt, ist seit ein paar Tagen in Tutzing. Bereits seit Oktober in Dienst ist ein neues Löschfahrzeug LF 20, das das 34 Jahre Tanklöschfahrzeug TLF 16/25 ersetzt hat. Weitere Fahrzeug-Neubeschaffungen gelten als dringend erforderlich. So hat die Drehleiter auch schon 19 Jahre auf dem Buckel. Doch das ist eine Preisfrage. Die Gemeinde Tutzing unterstützt ihre Feuerwehr, wo sie kann. Alle drei Bürgermeister waren bei der Versammlung anwesend, außerdem drei weitere Gemeinderäte. Tief beeindruckt von dem großen Einsatz versicherte Bürgermeisterin Marlene Greinwald, die Gemeinde stehe voll hinter ihrer Feuerwehr und werde sie nach allen Kräften weiter unterstützen, auch wenn sie nicht alle Wünsche erfüllen könne. So sei das nächste Fahrzeug schon in Planung.
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