Gemeindeleben
10.7.2019
Von vorOrt.news

Fast 75 000 Hausbesuche im Jahr

Die Ambulante Krankenpflege Tutzing ist ein mittelständisches Unternehmen - Lions-Sozialpreis

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Großes Interesse zeigte sich, als Geschäftsführer das neue Projekt in Bernried vorstellte

„Wir sind ein kleines mittelständisches Unternehmen“: So hat Dr. Thomas von Mitschke-Collande neulich die Ambulante Krankenpflege Tutzing bezeichnet, deren Schatzmeister er ist. „In Tutzing kann man gut und gut begleitet alt werden“, sagte auf der Mitgliederversammlung ihr Vorsitzender, Tutzings katholischer Pfarrer Peter Brummer.

1188 Mitglieder gehören dem Verein an, wie Geschäftsführer Armin Heil berichtete. 90 Mitarbeiter sind angestellt, darüber hinaus sind bei ihr 122 Personen ehrenamtlich aktiv. Sie alle arbeiten für 50 Klienten in Starnberg und für 180 Klienten in Tutzing monatlich. 137 Klienten verfügen über Hausnotrufe. Die pflegenden Mitarbeiter kommen im Jahr auf fast 75 000 Hausbesuche. Dabei wechseln sie fast 3000 Verbände, übernehmen fast 8000 Blutzuckermessungen und leisten 1300 Stunden hauswirtschaftliche Unterstützungen. Es gibt zwei Wohngemeinschaften mit je neun Mietern für Menschen mit Demenz. Sehr gefragt sind auch die Tagespflegen im Tutzinger Quinthaus mit 16 Plätzen und im Starnberger Ilse-Kubaschewski-Haus mit zehn Plätzen. Eine gemeinsam mit der Gemeinde Bernried geplante neue betreute Wohnanlage stößt bereits auf großes Interesse. Start für neue Wohnanlage im Herbst

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Viele Mitglieder kamen zur Versammlung ins Roncallihaus
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Auszeichnung mit dem "Lions Sozialpreis 2019"

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Das umfangreiche Angebot der Ambulanten Krankenpflege (zum Vergrößern bitte anklicken)

Für den Bau einer ambulanten Tagespflege ist die Ambulante Krankenpflege kürzlich vom Lions Club Starnberger See - Ludwig II., von der Zeitung Starnberger Merkur und vom Landratsamt Starnberg ausgezeichnet worden. Sie erhielt beim „Lions Sozialpreis 2019“ den dritten Platz in der Kategorie „Senioren & Pflege“. Die Mitarbeiter engagierten sich unermüdlich „mit Herz, Seele, Wissen und Kompetenz“ in der Pflege, sagte der Tutzinger Gemeinderat Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg in seiner Laudatio. Ein möglichst selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden - gleichzeitig betreute Sicherheit, unterstützende Pflegeleistungen und soziale Einbindung: Dieser Spagat könne heute dank neu gestalteter Modelle für das Leben im Alter bewältigt werden.

In zwei Jahren kann die Ambulante Krankenfeier ein stolzes Jubiläum feiern: ihre Gründung vor dann genau 100 Jahren, 1921. Schwester Josefa Knab, die für die Tutzinger über Jahrzehnte Inbegriff der Ambulanten Krankenpflege war, werde dann fast genauso alt sein, sagte Heil: „Ihr Lebensalter geht zusammen mit dem Alter der Einrichtung.“ Für Heil ist Schwester Josefa „ein großes Vorbild“.

Mehrere Personen im Alter von 100 Jahren und mehr betreuen die Mitarbeiter der Ambulanten Krankenpflege regelmäßig. Anneliese Schönnenbeck, die am 11. Juni 100 Jahre alt geworden ist, war bei der Mitgliederversammlung anwesend. Die älteste von der Organisation versorgte Patientin ist 104 Jahre alt. „Ich habe großen Respekt vor diesem Alter und dem Altwerden“, sagte Heil. „Alles lebt von dem starken Vertrauen“, sagte Pfarrer Brummer. Dabei erwähnte er ein derzeit in der Gesellschaft feststellbares „furchtbares Misstrauen“, von dem auch der Bundespräsident gesprochen habe, und fügte die Botschaft von Jesus Christus hinzu: „Habt keine Angst, fürchtet Euch nicht.“ Vertrauen sei da die beste Medizin.

Breite Unterstützung bringt 264 000 Euro "ideelles Ergebnis"

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Ansichten der künftigen Bernrieder Anlage wurden im Saal präsentiert

Geschäftsführer Heil ging auch auf die Probleme in der Pflege ein: „Wir haben einen Pflegenotstand in Deutschland und am Starnberger See.“ Es sei nicht einfach, Menschen zu finden, die bereit seien, in der Pflege Verantwortung zu übernehmen. Umso erfreuter stellte er einige neue Mitarbeiter vor: die Pflegedienstleiterin Anke Ohle, ihre Stellvertreterin Beathe Tschöpe und den kaufmännischen Leiter Florian Stiegler. Angesichts mancher negativen Schlagzeilen warnte Heil allerdings auch vor Panikmache: „Wenn immer wieder Angst vor dem Altwerden gemacht wird, das regt mich auf.“ Vorfälle wie in Hildesheim, wo die Caritas aus finanziellen Gründen Mitarbeiter entlässt und Pflegepatienten kündigt, seien bedauerlich, aber viele Sozialstationen leisteten gute Arbeit. Leider würden sie jedoch „in den Strudel mit reingerissen“.

In der hiesigen Region kann die Ambulante Krankenpflege auf breite Unterstützung vertrauen. Neben den Mitgliedsbeiträgen (87 000 Euro) spannt sich der Bogen von Zuschüssen durch die Gemeinde Tutzing (20 000 Euro) und die Stadt Starnberg (30 000 Euro) bis zu Spenden (89 000 Euro) und weiteren Zuschüssen, so durch die Ilse-Kubaschewski-Stiftung und den Starnberger Förderverein Seestern. Rund 264 000 Euro kommen so als „ideelles Ergebnis“ zusammen, wobei Vermächtnisse nicht eingerechnet sind. Sogar eine Umsatzsteuer-Nachzahlung für den Trödelladen konnte nach Angaben von Schatzmeister Mitschke-Collande verkraftet werden.

Das "Tutzinger Modell" ermöglicht Zeit für Gespräche

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Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit: Ein plakativer Hinweis im Roncallihaus © Fotos: L.G.

Bei knapp vier Millionen Euro Umsatz ist zwar ein Verlust von 281 000 Euro entstanden, wie Mitschke-Collande berichtete. Doch es bestehe kein Grund zur Sorge, beruhigte er: „Wir haben sehr solide gewirtschaftet.“ Über die seiner Meinung nach zu geringe Vergütung durch die Sozialkassen und -versicherungen hinaus bezahle die Ambulante Krankenpflege sogar pro Pflegestunde fünf Minuten zusätzlich, „weil wir sicherstellen wollen, dass Zeit für ein Gespräch, ein paar freundliche Worte bleibt - das so genannte „Tutzinger Modell“. Für Pfarrer Brummer ist das eine gute Möglichkeit, „ein bisschen Tempo rauszunehmen“.

Weitere Helfer sind immer willkommen. „Wer sich ehrenamtlich engagieren will, ist bei uns immer gut aufgehoben“, sagte Heil. „In Tutzing brauchen Sie keine Angst haben“, bekräftigte Mitschke-Collande: „Die Ambulante Krankenpflege ist schnell und unbürokratisch bei Ihnen und hilft Ihnen.“ Sie sei ein „fantastisches Beispiel für eine solidarische Bürgergesellschaft“ und ein wichtiger Beitrag für den sozialen Zusammenhalt in Tutzing. Pfarrer Brummer sieht die Zusammenarbeit so vieler Idealisten in einem starken Netzwerk als „das Kostbarste in einer Gemeinschaft“. Wichtig sei es, das alles positiv darzustellen, um auch junge Menschen für diesen Dienst gewinnen zu können. Die Arbeit verdiene höchste Hochachtung und Wertschätzung, sagte Bürgermeisterin Marlene Greinwald auf der Mitgliederversammlung unter Beifall. „Ohne ehrenamtliche Arbeit wären wir in Tutzing arm dran“, fügte sie hinzu: „Da würden wir am Boden liegen.“ In Tutzing könne man nicht nur gut, sondern auch in Würde alt werden: „Das kann man nicht kaufen - das kann man nur bekommen.“

ID: 2017
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