
Beate Frankenberger war sichtlich gerührt. Mit großer Herzlichkeit haben am Sonntag mehr als 200 Besucher die neue evangelische Pfarrerin von Tutzing und Bernried begrüßt - beim Einführungs-Gottesdienst in der Christuskirche, anschließend bei einem Empfang im evangelischen Gemeindehaus und, bei schönstem Wetter, in dessen Garten. Konfessionell gemischt war schon die musikalische Begleitung. Für sie sorgten die beiden Klosterschwestern Franziska und Rachel ebenso wie der evangelische Kirchenchor "Herr Käthe" unter Leitung von Ulrich Graf von Brühl-Störlein und der Gospelchor "Rock'n Water" unter Leitung von Richard Willbold.
Bei einem Empfang anschließend im evangelischen Gemeindehaus nutzte Beate Frankenberger die Gelegenheit zu vielen persönlichen Kontakten, und sie war eine gesuchte Gesprächspartnerin. Die Gemeindemitglieder waren erkennbar neugierig auf die „Neue“. Ihre Vorgängerin Ulrike Wilhelm hat die evangelischen Pfarrgemeinde zwölf Jahre lang - und, wie Tutzings katholischer Pfarrer Peter Brummer betonte, ebenfalls mit großem Engagement für die Ökumene - geprägt. Da werden natürlich Vergleiche angestellt.
"Der Schlüssel zum guten und wahren Leben ist Christus"

Herzlich dankte Gudrun Willbold vom Kirchenvorstand dem Feldafinger Pfarrer Michael Stein, der im halben Jahr der Tutzinger „Vakanz“ die Vertretung übernommen hatte, der zweiten Tutzinger Pfarrerin Dorothee Geißlinger-Henkel, die in dieser Phase weit über ihre Halbtagsstelle hinaus gefordert war, und der engagierten Sekretärin der Pfarrei, Elke Wölfel.
Viele Katholiken waren unter den Besuchern, darunter auch mehrere Mitglieder des Pfarrgemeinderats. Damit wurde dieser Einführungs-Gottesdienst auch zu einem starken Signal für die Ökumene in Tutzing. „Der Schlüssel zum guten und wahren Leben ist Christus“, sagte Beate Frankenberger in ihrer Predigt. Das war ein Satz, über den sich Pfarrer Brummer besonders freute. „Wir wollen das Licht Jesu Christi in Tutzing gemeinsam hochhalten“, sagte er, „das ist unsere gemeinsame Aufgabe.“ Dann müsse man auch nicht soviel Energie wie im vorigen Jahr aufwenden, das Trennende zu überwinden, fügte er hinzu. Damit spielte er auf den Streit um den Kommunionempfang evangelischer Ehepartner in der katholischen Kirche an.
Die Priorin des Klosters freut sich über eine Willkommenskultur in Tutzing

Der neuen Pfarrerin schenkte Pfarrer Brummer eine Kerze, auf der die beiden Türme der katholischen Kirche St. Joseph abgebildet sind. Noch lieber, sagte er, wären ihm drei Türme auf der Kerze, nämlich dazu der der evangelischen Christuskirche. Martin Held vom katholischen Pfarrgemeinderat überreichte der neuen Pfarrerin die von beiden Pfarreien im vorigen Jahr unterzeichnete ökumenische Erklärung, die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Waltraud Brod steuerte eine Flasche Rotwein aus dem Roncallihaus mit den Worten bei: „Das gehört zu einer guten ökumenischen Zusammenarbeit.“
In Tutzing gebe es „Gottseidank eine Willkommenskultur“, sagte die Priorin des Klosters, Ruth Schönenberger, die es keineswegs selbstverständlich fand, dass sie bei dieser Gelegenheit zu einem Grußwort gebeten wurde. Udo Hahn, der Direktor der Evangelischen Akademie, erinnerte aber auch daran, dass er, nachdem er 2011 seine Tätigkeit aufgenommen hat, gemeinsam mit der damaligen evangelischen Pfarrerin Ulrike Wilhelm die Verbindung der Akademie mit der evangelischen Pfarrgemeinde neu belebt habe. Zuvor, fügte er hinzu, sei diese Verbindung lange nicht gepflegt worden. „Das soll und wird nie wieder geschehen“, versicherte Hahn, der selbst regelmäßig Gottesdienste in Tutzings evangelischer Kirche hält. Zuletzt war das am 9. September der Fall – und das, obwohl am selben Tag in der Evangelischen Akademie ein Tag der offenen Tür stattfand, bei dem er ebenfalls gefordert war.
Jugendvertreter schwärmen von einer Kirche voller Leben

An der Begrüßung der neuen Pfarrerin nahm auch der Weilheimer Dekan Axel Piper teil, der demnächst aus diesem Amt ausscheiden wird. Er ist zum neuen Regionalbischof im Kirchenkreis Augsburg ernannt worden. Tutzings Pfarrer Peter Brummer freut sich für ihn über diesen ansehnlichen Karrieresprung, bedauert aber seinen Weggang, weil beide mittlerweile eine Freundschaft verbindet.
Beate Frankenberger, die zuvor 19 Jahre lang Pfarrerin der Münchner Kirche St. Lukas war, bewies gleich zu ihrem Einstand, dass sie ihre Zuhörer zu fesseln versteht und dass sie auch dem Humor zugetan ist. Bei mancher ihrer Bemerkungen schmunzelten die Besucher. Auf Interesse gestoßen ist nicht zuletzt, dass die neue Pfarrerin auch Theater-Erfahrung hat. Zwei Jahre lang hat sie im „Weißblauen Beffchen“ mitgespielt, dem ältesten Kabarett evangelischer Pfarrer in Bayern. Als Priorin Ruth Schönenberger vorsichtig den Wunsch äußerte, dass zur guten Tradition der musikalischen Gemeinsamkeit bei den Tutzinger Kirchen vielleicht auch Theater hinzukommen könnte, gab es Beifall in der Christuskirche.
Für ihre Predigt hatte sich Beate Frankenberger die Apokalypse und das Buch mit den sieben Siegeln aus der Offenbarung des Johannes im Neuen Testament der Bibel ausgesucht. Beim Lesen wirke dies gelegentlich wie ein Horrorfilm, sagte sie. Das Leben könne einem tatsächlich manchmal wie ein Buch mit sieben Siegeln vorkommen.
Auch über ihren neuen Wirkungsort machte sie sich ihre Gedanken. Was für ein Geist wohl in Tutzing und Bernried herrsche, sinnierte sie: Großzügigkeit? Ob Menschen ausgeschlossen würden? „Sind sie offen oder verstecken sie sich hinter Hecken und Zäunen?“, fragte sie, „fühlen sich die Menschen angenommen?“
Viele trauen sich nicht in die Gemeinde, aber in die Kirche, sagt die Bürgermeisterin

Bürgermeisterin Marlene Greinwald zeigte nicht die geringsten Zweifel daran, dass es jenseits von Bauanfragen, Datenschutzgrundverordnung und all den anderen Themen, mit denen Kommunalpolitiker und Gemeindeverwaltungen zu tun haben , noch ganz andere sehr wichtige Dinge gibt, die sich weniger im Rathaus niederschlagen. Viele Menschen mit Problemen trauten sich nicht in die Gemeinde, sagte sie: „Aber sie trauen sich in die Kirche.“
Von einer evangelischen Kirche, die in Tutzing und Bernried voller Leben stecke, schwärmten vier Vertreter der evangelischen Jugend: Madita Koop, Miriam Lautenbacher, Magdalena Rabas und Jan Höbenreich.
"Ich bin ganz überwältigt", sagte Beate Frankenberger nach all diesen Willkommensgrüßen. "Das Herz ist voll, ihr habt es mir sehr leicht gemacht", rief sie den Besuchern des Gottesdienstes zu. "Es fühlt sich alles gut und richtig an", fügte sie hinzu. Für alle Redner hatte sie ein paar persönliche Worte parat, und sie freute sich auch besonders darüber, dass die Jugend sie willkommen geheißen hat, "dass ein bisserl Innovation und Kreativität da ist - da ist es gleich viel lockerer".
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Helge Haaser Passau