Gemeindeleben
21.7.2018
Von vorOrt.news

Vom „Marienplatz“ bis zum See

In die Neugestaltung des Tutzinger Ortszentrums spielen auch Seehof und Schifffahrt hinein

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Die Einmündung der Marienstraße in die Hauptstraße wird zum "Marienplatz", ohne offiziell so zu heißen © L.G.

Eine Gemeinde ohne richtigen Mittelpunkt: Das gilt in Tutzing seit langer Zeit als Problem. Die Hauptstraße zieht sich durchs Zentrum, aber einen Ortskern, eine einladende Mitte mit „Aufenthaltsqualität“ vermissen viele Bürger. Immer wieder gab es in dieser Hinsicht Ansätze, aus denen jedoch nur begrenzt etwas geworden ist.

Dabei stand keineswegs nur die Hauptstraße im Blickpunkt. Schon vor Jahrzehnten hat der Gemeinderat beispielsweise die Lindl-Wiese in solche Überlegungen einbezogen. Manch einem schien das Areal neben dem Rathaus und gegenüber der Pfarrkirche St. Joseph als neuer kommunikativer Treffpunkt geeignet. Später sollte das Seehof-Grundstück zu einem neuen Ortszentrum mit einer Flaniermeile, Arkaden, Geschäften, Wohnungen und einem Hotel umgestaltet werden. All diese Ideen haben sich als Visionen erwiesen, aus denen nichts geworden ist. Mittlerweile rückt mehr und mehr die Einmündung der Marienstraße in die Hauptstraße in den Blickpunkt. Verschiedene Elemente wie etwa Sitzplätze des dort befindlichen Cafés Reis und des italienischen Restaurants Mille Lire weisen schon seit längerer Zeit in diese Richtung.

Die neu für Tutzing tätige Landschaftsarchitektin Monika Treiber scheint nun regelrecht fasziniert von dem Gedanken zu sein, den Platzcharakter an dieser Stelle auszubauen. Schon beim Bürgerforum kürzlich schwärmte sie vom Ortszentrum mit seinen Angeboten in heutiger Form und Möglichkeiten seiner weiteren Gestaltung. Sie sprach bei dieser Gelegenheit auch schon mehrmals vom „Marienplatz“, den es formell gar nicht gibt.

Viele Ideen für eine Aufwertung des "inneren Ortskerns"

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Mit den Sitzplätzen im Freien ist der Platzcharakter längst eingeleitet worden © L.G.

Im Umwelt-, Energie- und Verkehrausschuss des Gemeinderats hat die Landschaftsplanerin diese Überlegungen vertieft. Dabei zeigte sie sich überzeugt, „die Qualität des inneren Ortskerns“ mit allen möglichen Maßnahmen, von einem kleinen Forum mit Sitzreihen über weitere Bepflanzungen bis zu geeigneten Pflastersteinen, deutlich aufwerten zu können. Sie spannte den Bogen dabei weiter bis zur Eisdiele. Sie soll rundherum mehr Platz für Aufenthalt erhalten, während die Planer am Gehweg gegenüber, vor dem Kurhaus, Möglichkeiten zur Flächeneinsparung vermuten. Die Überlegungen werden noch viel mehr ausgedehnt. Auch die alten Ideen einer Flaniermeile tauchen dabei wieder auf. Allerdings geht es dabei diesmal nicht um das Seehof-Grundstück selbst, sondern um die Schlossstraße neben ihm.

Angesichts dieser von Monika Treiber im Bürgerforum erwähnten Idee hat Dr. Thomas von Mitschke-Collande im Ausschuss angeregt, eine mögliche Bebauung des Seehof-Grundstücks so weit wie möglich von der heutigen Grenze nach Norden zu verschieben, um an der Schlossstraße mehr Platz für einen „Flanier-Charakter“ zu gewinnen.

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Rund um die Eisdiele soll es mehr, auf dem Gehweg neben dem Kurhaus (vorn) vielleicht im Gegenzug weniger Platz geben © L.G.

Die Rolle des Seehofs: Wohnbebauung oben, Park unten?

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Wieviel Platz ist für eine Flaniermeile? Das Seehof-Grundstück und die Schlossstraße © L.G.

Erst kürzlich hat der Gemeinderat einen Bauantrag für das Seehof-Grundstück mit 36 Wohnungen abgelehnt. Wie es dort weitergeht, ist offen, aber die Lage zwischen Hauptstraße und See lässt an der Bedeutung bei allen Plänen der Neugestaltung keinen Zweifel. Eine öffentliche Nutzung des unteren Seehof-Bereichs mit der Mariensäule als Park hatte der Grundstückseigentümer UBM Development quasi als „Zuckerl“ angeboten, um im Gegenzug Wohn- statt Hotelbaurecht zu erhalten.

Obwohl dies die Flanier-Potenziale erweitert hätte, halten die Gemeinderäte die beantragte Bebauung im Fall von Wohnungen mittlerweile für zu groß. Sie wollen diesen Umfang nur bei einem Hotelbau akzeptieren. Der Seehof-Eigentümer wiederum argumentiert mit einem bereits im Jahr 2011 gefassten Gemeinderatsbeschluss, der eine Überplanung zu Wohnzwecken mit 3700 Quadratmetern Geschossfläche vorgesehen habe - und genau diese Größe hatte er beantragt.

Die Gemeinde will dem Unternehmen nun signalisieren, was sie auf diesem Grundstück für akzeptabel hält. Dabei, meinte Mitschke-Collande, könnte der Wunsch nach der Verschiebung eines Baus von der Schlossstraße weg „Verhandlungsmasse“ sein. Der Seehof spielt damit in den Überlegungen zur Neugestaltung des Ortszentrums bereits eine Rolle.

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Ein Park rund um die Mariensäule sollte eine große Wohnbebauung schmackhaft machen © L.G.

Auch das neue Konzept der Schifffahrt strahlt aufs Ortszentrum aus

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Erneuerungsbedarf wird auch am Platz beim Dampfersteg gesehen © L.G.

In einem weiteren Sinn könnte in die Überlegungen zur Neugestaltung des Ortszentrums auch das neue Konzept der Seenschifffahrt samt Verlängerung des Dampferstegs einbezogen werden. Diese Pläne dürften erhebliche Folgen für Tutzing, den zentralen Ortsbereich, das Geschäftsleben und die gesamte Atmosphäre mit sich bringen. Auch das Umfeld rund um den Dampfersteg und den Biersteg dürfte über kurz oder lang erneuert werden. Das ist dieser Tage im Gemeinderat immer wieder bekräftigt worden, bei den Beratungen über das neue Schifffahrts-Konzept ebenso wie bei der Diskussion über die Benennung eines Wegs oder Platzes nach der ungarischen Partnerstadt Balatonkenese. Landschaftsarchitektin Monika Treiber hat bereits ihr Interesse daran bekräftigt, sich über die Hauptstraße hinaus auch um die Anbindung zum See zu kümmern und die Schlossstraße zur Flaniermeile zu machen. Damit umfassen die Ideen für eine Neugestaltung des Ortszentrums mehr und mehr einen größeren Bereich, mit dem offiziell noch nicht so genannten "Marienplatz" im Mittelpunkt und Ausstrahlung bis hinunter zum See.

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Wie weit reicht die Neugestaltung des Ortszentrums? Weg zwischen Dampfersteg und Biersteg © L.G.
Quelle Titelbild: L.G.
ID: 977
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