Pfarrer Peter Brummer war begeistert. „Das passt einfach“, sagte er am Samstag bei der Mitgliederversammlung der Ambulanten Krankenpflege im Roncalli-Haus. Der Grund: Der engagierte Verein, dessen Vorsitzender er ist, plant gemeinsam mit der Gemeinde Bernried auf deren Gebiet eine neue betreute Wohnanlage. Sie soll auf einem 3500 Quadratmeter großen Grundstück an der Straße „Am Grundweiher“ errichtet werden, dem so genannten Postgarten. Das soll nicht das einzige Projekt dieser Art sein. Auch in Tutzing will die Ambulante Krankenpflege eine weitere betreute Wohnanlage bauen. Ihr Geschäftsführer Armin Heil sieht dafür erheblichen Bedarf. Jeden Tag werde er von Menschen angesprochen, die ins Betreute Wohnen wollen, sagte er in der Versammlung.
"Wir wollen ja kein Betreutes Wohnen für Millionäre machen"
Dass nun zunächst so ein Projekt in der Nachbargemeinde Bernried an der Reihe sein soll, hängt mit den hohen Immobilienpreisen in Tutzing zusammen. Die Verantwortlichen der Ambulanten Krankenpflege haben nach eigenen Angaben bisher in ihrer Heimatgemeinde kein geeignetes Grundstück gefunden. Denn es geht ihnen darum, den Interessenten erschwinglichen Wohnraum anzubieten. „Wir wollen ja kein Betreutes Wohnen für Millionäre machen“, sagte Vorstandsmitglied Dr. Thomas von Mitschke-Collande, der sich um die Finanzen kümmert. Angesichts der hohen Immobilienpreise müssten nach seinen Worten in Tutzing Mieten in der Größenordnung von 15 bis 17 Euro verlangt werden. Für Bernried sind deutlich geringere Mieten im Gespräch, nämlich durchschnittlich von 8.50 Euro. In der betreuten Wohnanlage an der Tutzinger Bräuhausstraße reicht die Spanne von knapp fünf Euro bis knapp zehn Euro je Quadratmeter.
Gemeinde Bernried will sich auch finanziell beteiligen

Dennoch haben die Verantwortlichen den Plan keineswegs aufgegeben, auch in Tutzing noch ein weiteres Betreutes Wohnen zu errichten. Pfarrer Brummer drückt zudem aufs Gas: Er würde dieses Projekt, das auch als Tagespflege und Begegnungsstätte dienen soll, gern bis zum Jahr 2021 zumindest auf den Weg bringen, denn dann wird die Ambulante Krankenpflege 100 Jahre alt. Bereits im nächsten Jahr würde er gern die geplante Bernrieder Anlage fertig sehen, wie er in der Versammlung sagte.
Jedes dieser Projekte sollte sich nach Meinung von Mitschke-Collande möglichst nah an der Ortsmitte befinden - nicht weit draußen auf der „grünen Wiese“ oder gar in einem Gewerbegebiet. Das Bernrieder Areal wird dieser Anforderung gerecht. Es befindet sich „zwischen Unter- und Oberdorf“, sagte Bürgermeister Josef Steigenberger, der eigens zur Versammlung gekommen war - ganz nah beim Bernrieder Park und gegenüber dem Seminargebäude der Generali-Versicherung, die die Gemeinde verlässt. Die Gemeinde Bernried will nicht nur das Grundstück beisteuern, sondern sich auch finanziell an dem neuen Projekt beteiligen, wie Steigenberger unter Hinweis auf viele enge Verbindungen der beider Nachbargemeinden bestätigte.
Das erste Projekt der "Stiftung Theresia Petsch"

Bei der Ambulanten Krankenpflege wiederum soll Bernrieder Anlage das erste Projekt der neuen „Stiftung Theresia Petsch“ bilden. In sie hat der Verein einen Großteil des ihm vermachten Vermögens der vor etwa zwei Jahren verstorbenen Theresia Petsch eingebracht. Noch gibt es bei der Stiftungsgründung allerdings ein paar Anlaufschwierigkeiten mit dem zuständigen bayerischen Kultusministerium. Die Erträge aus dem Vermächtnis haben der Ambulanten Krankenpflege unterdessen geholfen, einen operativen Verlust von fast einer halben Million Euro im Jahr 2017 auszugleichen. Das Defizit führten Heil und Mitschke-Collande auch wesentlich auf die von den Kranken- und Pflegekassen bezahlten Pflegesätze zurück, die sie als viel zu niedrig bezeichneten. Die Umsatzerlöse nannte Mitschke-Collande mit rund 3,5 Millionen Euro.
Trotz der Probleme gilt die Ambulante Krankenpflege in mehreren Gemeinden am Starnberger See als hoch kompetente Organisation auf diesem Gebiet. Ihre Wohngemeinschaften für demenzerkrankte Personen und ihre Tagespflege im Starnberger Ilse-Kubaschewski-Haus sind ebenso gefragt wie ihre Betreuungsaktivitäten - ob daheim oder in den Anlagen - in Tutzing, die sie längst auch auf Feldafing und Bernried ausgeweitet hat.
Mehr als 78 000 Pflegebesuche im Jahr

Sehr zufrieden zeigte sich Heil mit dem Mitte vorigen Jahres bezogenen Quint-Haus an der Traubinger Straße in Tutzing: „Die Menschen mit Handicaps sind dort zufrieden und glücklich.“ Es tue ihnen gut, tagsüber nicht allein zu Haus zu sein - und ihren pflegenden Angehörigen tue es gut, sie betreut zu wissen und selbst einmal durchschnaufen zu können.
Zahlreiche weitere Aktivitäten kommen hinzu, von der Kleiderstube und den Trödelladen über das Bürgermobil bis zum Mittagstisch und zum „Tischlein-deck-dich“. Sage und schreibe 78 300 Pflegebesuche im Jahr absolvieren ihre hoch engagierten Mitarbeiter im Jahr, wie Armin Heil berichtete. Für die Unterstützung bedankte er sich bei den 1125 Mitgliedern, zu denen 130 weitere Mitglieder im Verein „Wir in einem Boot“ kommen.
Etwa 120 Mitglieder nahmen an der Versammlung teil. Sie lauschten dann auch noch hochinteressiert einem Vortrag von Martina Gebhardt, die sich mit einem Unternehmen für Naturkosmetik einen Namen gemacht hat. Sie hat für ihre Firma vor wenigen Jahren das Kloster Wessobrunn übernommen, das zuvor den Tutzinger Missionsbenediktinerinnen gehörte. Auch deren Priorin Ruth Schönenberger nahm wie weitere Schwestern an der Mitgliederversammlung teil.
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