„Das sind eigentlich kleine Anlagen“, sagt Marcus Guggemos. Die von ihm in Traubing errichtete Photovoltaik-Fläche an der Ascheringer Straße kann sich aber durchaus sehen lassen - und nun soll sie auf nordwestlicher Seite auf fast die doppelte Größe - mit dann 1,6 Megawatt Peak Leistung - erweitert werden.
Dafür bedarf es aber noch einiger Vorbereitungen. Das Landratsamt Starnberg verlangt wegen Verdachts auf Altlasten eine Untersuchung. Die Kreisbehörde vermutet als Ursache Verfüllungen durch Straßenstaub oder Aushubmaterial für den Straßenbau. Der Gemeinde Tutzing hat das Landratsamt mitgeteilt, dass sie dem Verdacht auf Bodenbelastungen nachgehen müsse.
Der Gemeinderat hat die eingegangenen Stellungnahmen gestern Abend zustimmend zur Kenntnis genommen. Guggemos rechnet für das erforderliche Bodengutachten mit etwa vier Wochen Bearbeitungszeit im April und Kosten von allein 12 000 Euro. Im Juli hofft er mit dem Bau beginnen zu können. Die Anlage könne dann im Oktober fertig sein. Bei der ersten Anlage waren fast 4700 Module verbaut worden, diesmal dürften es weniger von den Solarbauteilen sein, weil die neuen Modelle stärker sind.
Der neue Betreiber stammt aus Gilching
Die von Guggemos vor ein paar Jahren errichtete erste Photovoltaik-Anlage hatte etwa 700 000 Euro gekostet, für die neue Anlage veranschlagt er 1,08 Million Euro - alles zusammen also ein Investitionsvolumen von etwa 1,8 Millionen Euro.
Dafür hat der Traubinger Partner gefunden. Investor und Betreiber der ersten Anlage ist ein Zahnarzt aus Baden-Württemberg, bei der zweiten Anlage wird es ein Unternehmensberater aus Gilching sein, wie Guggemos sagt. Die Investoren betreiben die Anlage 20 Jahre, anschließend geht sie auf Guggemos als Grundeigentümer über. Er nennt die Anlage „Solarbiotop“. Unter anderem sind diverse Ausgleichsflächen angelegt worden.
Der Strom geht ins Netz der Stadtwerke München
Ein Beitrag zur Energiewende im Landkreis Starnberg, könnte man meinen. Aber der Strom aus der ersten Anlage wird ins Netz der Stadtwerke München eingespeist. Für den zweiten Teil der Anlage ist das noch nicht entschieden. Es könnte auch Eon oder das Bayernwerk sein, sagt Guggemos, auch die Lech-Werke kämen in Frage. Den Abnehmer werde der Betreiber suchen.
Die Gesamtanlage würde laut Guggemos für die Versorgung von 400 bis 450 Haushalten ausreichen - zum Beispiel für ganz Traubing. Er hätte diesmal nach eigenen Worten gern die Energiegenossenschaft Fünfseenland als Partner gehabt. Aber sie habe es nicht unter drei Prozent Rendite machen wollen. Er hätte sich eine Bürgergenossenschaft vorstellen können, bei der die Traubinger Anteile hätten zeichnen können.
Der Energiegenossenschaft Fünfseenland ist die Rendite zu gering
Gerd Mulert, der Vorstandsvorsitzende der Energiegenossenschaft, bestätigt auf Nachfrage, dass ein Investment bei der Traubinger Anlage aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt worden ist. „Wir müssen mit unseren Investitionsentscheidungen sehr vorsichtig umgehen“, sagt er. Die erste Anlage von Guggemos sei aber von der Genossenschaft beratend stark unterstützt worden: „Wir haben für das Projekt gekämpft.“ Damals habe die Genossenschaft finanziell einsteigen wollen, den Zuschlag aber nicht erhalten.
Diesmal habe man ein finanzielles Engagement wieder, wie bei jedem Angebot, sehr gründlich geprüft, sagt Mulert: „Wir hätten es total gern gemacht.“ Bei der Berechnung habe sich aber herausgestellt, dass es sich wirtschaftlich für die Genossenschaft nicht auszahlen werde. Denn allein schon die jährliche Dividende für die 400 Mitglieder betrage 2,5 Prozent. Genau so viel Rendite soll nun bei der Photovoltaik-Anlage herausspringen - für die Genossenschaft zu wenig, denn sie muss neben dem Geld für ihre Mitglieder noch weitere Kosten abdecken. „Wir sind kein gemeinnütziger Verein, wir vergeben keine Spenden“, sagt Mulert. Bei einem einzelnen Investor spielten andere Überlegungen eine Rolle. Das seien oft rein persönliche Entscheidungen.
Die Wirtschaftlichkeit sei für die Energiegenossenschaft sehr wichtig, sagt Mulert, wenn es auch nur eines von mehreren Kriterien sei: „Es muss sich auch rentieren.“ Generell gibt sich Mulert aber überzeugt, dass Photovoltaik-Anlagen auch auf Dächern nach wie vor sehr wirtschaftlich und lohnend sein können - trotz der reduzierten Einspeisevergütung. Wenn sich jemand zum Beispiel für sein Privathaus, für ein Unternehmen oder eine andere Lokalität für so eine Anlage interessiere und vorab die Wirtschaftlichkeit überprüfen wolle, biete die Energiegenossenschaft kostenlose Beratung an.
Die Feldafinger hätten auch gern so eine Anlage
Als Guggemos sein Photovoltaik-Projekt im Gemeinderat der Nachbargemeinde Feldafing vorgestellt hat, wurde gefragt, weshalb so eine Anlage nicht dort errichtet werde. Bürgermeister Bernhard Sontheim habe bedauernd erwidert, in Feldafing gebe es niemand, der so etwas macht, erinnert er sich.
Über die behördlichen Prozesse äußert sich Guggemos eher nicht so überzeugt. In Tutzing sei man bei diesen Themen schon recht weit, doch der Verwaltungsweg sei doch generell eher erschwert. „In anderen Regionen wird so ein Projekt in einem halben Jahr genehmigt, aber dieses dauert jetzt schon anderthalb Jahre“, sagt er. Dazu scheint ihm auch die Forderung nach einem Bodengutachten zu passen. In früheren Jahren sei dies versäumt worden. „Die Politik entscheidet, dass es eine Energiewende geben soll“, sagt er etwas bitter, „und dann wälzt man es auf die Bürger ab.“ Sein Engagement scheint man im Landratsamt dennoch zu schätzen: Vor drei Jahren ist er für seine Freiflächen-Photovoltaikanlage beim Energiepreis des Landkreises Starnberg ausgezeichnet worden.
Seinen Einsatz für die Energiewende begründet der begeisterte Opa so: „Man hat seinen Beitrag geleistet." Sein Enkel Max ist zweieinviertel Jahre, das zweite Enkelkind soll im Herbst auf die Welt kommen. Den kleinen Max nimmt er immer wieder mal gern mit hinaus. „Das Schönste ist das Strahlen in den Augen“, erzählt er, „wenn man den Kindern etwas zeigt.“
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Helge Haaser Passau