Bauplanung
31.7.2025
Von vorOrt.news

Feuerwehrhaus soll am alten Standort bleiben

Neubau mit Abbruch des vorderen und Erhalt des hinteren Gebäudes – Vertrag zum Hartplatz aufgetaucht

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Andrang beim Rathaus: Etliche Einheimische warteten gespannt vor der Sitzung auf den Einlass © L.G.

So einen Andrang wie am Dienstagabend bei der Tutzinger Gemeinderatssitzung gab es bisher kaum jemals. Schon zu Beginn waren fast alle Plätze im Zuschauerraum besetzt, viele von Mitgliedern des TSV Tutzing. Kurz nach 20 Uhr ging die Tür auf, und etliche weitere Interessierte drängten hinten in den Sitzungssaal, etliche von ihnen wegen entsprechender Kleidung als Mitglieder der Feuerwehr zu erkennen. Denn kurz darauf ging es in der Sitzung um ein Thema, das alle förmlich brennend interessierte: die Zukunft des Tutzinger Feuerwehrhauses. Dass es neu gebaut werden muss, steht außer Frage. Aber soll der Neubau auf dem bisherigen Standort an der Oskar-Schüler-Straße entstehen – unter Beibehaltung des Altbaus oder nicht – oder auf dem so genannten Hartplatz oberhalb des Würmseestadions? Dass der Hartplatz als denkbarer Standort für ein Feuerwehrhaus im Gespräch ist, hat in jüngerer Zeit zu heftigen Protesten des TSV Tutzing geführt, der diesen Platz als dringend benötigte Fläche für Sportzwecke reklamiert.

Die drei untersuchten Varianten

Am Ende einer ausführlichen Debatte stand am Dienstag ein einstimmiger Beschluss: Das Feuerwehrhaus soll bleiben, wo es ist – an der Oskar-Schüler-Straße. Grundlage dafür war eine von der Architektin Claudia Schreiber erstellte Machbarkeitsstudie, in der drei Varianten untersucht wurden:
1. Alter Standort an der Oskar-Schüler-Straße, Abriss beider Feuerwehrhäuser ("alt" und "neu") und Bau eines komplett neuen Feuerwehrhauses (Variante "N")
2. Alter Standort an der Oskar-Schüler-Straße, Abriss des "alten" Feuerwehrhauses (Hausnummer 2) mit Anbau an das "neue" Feuerwehrhaus (Hausnummer 2a) und Sanierung des neuen Feuerwehrhauses (Variante "B")
3. Neuer Standort am Hartplatz mit Neubau (Variante "S")

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Plan: Abbruch des vorderen Feuerwehrhauses, Sanierung und Erweiterung des hinteren Gebäudes

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Im Zuge des Neubaus soll das "alte" Feuerwehrhaus von 1937 (links) abgebrochen, das "neue" Feuerwehrhaus von 1974 (rechts) erhalten und saniert werden.

Der Beschluss sieht die Realisierung der Variante "B" vor: Abriss des„alten“ Feuerwehrhauses von 1937, Sanierung des im rückwärtigen Teil des Grundstücks errichteten „neuen“ Feuerwehrhauses von 1974 und dessen Erweiterung durch einen Anbau. Die Gemeindeverwaltung soll hierfür ein Sanieurungskonzept erstellen. Die Kosten dieser Variante bezifferte die Architektin mit 10,08 Millionen Euro.

Stefanie Knittl (SPD), die auch Mitglied des Ortsgeschichtlichen Arbeitskreises ist, sagte dazu: „Wir wären sehr traurig, wenn ein weiteres Gebäude verschwinden würde.“ Sie verwies nochmals darauf, dass es sich beim 1937 errichteten Altbau um ein selten erhaltenes, charakteristisches Beispiel der Heimatschutzarchitektur handele, das nach Möglichkeit erhalten werden solle. Es müsse sich eine Lösung finden lassen, den Altbau in die Neugestaltung zu integrieren, mahnte sie. Eine solche Möglichkeit sei geprüft, aber nicht weiter verfolgt worden, erwiderte die Architektin. Stefanie Knittl berichtete aber nach der Sitzung über positive Äußerungen zu ihrem Hinweis, Sie sehe die Chancen nicht so schlecht, so auch für eine Option, den Neubau auf dem dahinterliegenden Gelände des sozialen Wohnungsbaus (Verband Wohnen) zu errichten, das in einem sehr schlechten Zustand sei, oder an einer anderen Stelle..

Die Kosten der Variante "N" mit einem kompletten Neubau und Abbruch beider alten Gebäude nannte die Architektin mit 13,13 Millionen Euro. Für die Variante "S" mit einem Neubau des Feuerwehrhauses auf dem Hartplatz oberhalb des Würmseestadions bezifferte sie die Kosten mit 14,85 Millionen Euro. Sie sah in dieser dritten Variante auch einige Vorteile, darunter eine mögliche Gegenfinanzierung durch Verwertung des Standorts an der Oskar-Schüler-Straße, dessen Wert auf rund fünf Millionen Euro geschätzt wird. Doch der Beschluss des Gemeinderats fiel gegen den Hartplatz aus. Damit müsste dessen denkbare Nutzung fürs Feuerwehrhaus, die in Sportlerkreisen für helle Aufregung gesorgt hatte, vom Tisch sein.

Alter Vertrag zwischen Gemeinde und TSV mit Nutzungsvereinbarung für den Hartplatz

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Die Beteiligung der Gemeinde an den Kosten eines Kunstrasenplatzes auf dem Hartplatz ist in den Jahren 2009 und 2010 vertraglich mit dem TSV Tutzing vereinbart worden © L.G.

Kurz vor der Sitzung war eine überraschende Information bekannt geworden: Ein Vertrag zwischen der Gemeinde Tutzing und dem TSV Tutzing aus den Jahren 2009/2010 über einen „Zuschuss zur Anlage eines Kunstrasenplatzes“ ist aufgetaucht. Vorgesehen ist dieser Kunstrasenplatz nach einer damals abgeschlossenen Nutzungsvereinbarung auf einer Teilfläche des der Gemeinde gehörenden Grundstücks mit der Flurnummer 675 - also dem Hartplatz.

Die Gemeinde stellt nach der Vereinbarung das Grundstück zur Verfügung. Der TSV Tutzing soll Herstellung und Pflege des Kunstrasenplatzes tragen und ein unentgeltliches Nutzungsrecht des Platzes von 25 Jahren haben. Der Tutzinger Gemeinderat hat, wie aus damaligen Unterlagen hervorgeht, im Januar 2010 beschlossen, dass sich die Gemeinde mit 35 Prozent - 140 000 Euro - an den seinerzeit mit 400 000 Euro veranschlagten Gesamtkosten eines Kunstrasenplatzes beteiligt. Dieser Anteil soll nach der damaligen Vereinbarung mit einer jährlichen Rate von 28 000 Euro ausgezahlt werden. Auch die ortsansässigen Schulen sollen zu bestimmten Zeiten zur unentgeltlichen Nutzung des Platzes berechtigt sein. Andere Nutzer sollen für die Nutzung des Platzes ein Entgelt entrichten, das im Einvernehmen zwischen Gemeinde und TSV festgelegt werden soll und das dem TSV zur Deckung der laufenden Betriebskosten zur Verfügung gestellt werden soll. Eine Vereinbarung zur Nutzung des Platzes durch andere Vereine wurde damals vorgesehen, aber noch nicht abgeschlossen.

Nach diesem alten Vertrag wäre die Nutzung des Hartplatzes als Standort eines Feuerwehrhauses für die festgelegte Nutzungsdauer nicht möglich. Sowohl in der Gemeinde als auch beim TSV scheinen viele davon nichts oder nichts mehr gewusst zu haben. Trotz kurzfristig erlangter Kenntnis von dem Vertrag wurde der Hartplatz in der Gemeinderatssitzung dennoch auch diesmal wieder als denkbarer Standort fürs Feuerwehrhaus dargestellt. Ob die Gemeinderatsmitglieder hiervon informiert wurden, ist nicht bekannt. In der öffentlichen Sitzung wurde der alte Vertrag erst im Verlauf der Aussprache von Dr. Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste) erwähnt.

Wo ist eine Interimsfläche für die Feuerwehr?

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Das Lager für die Straßensanierung auf dem alten Volksfestplatz wäre nach Meinung mancher gut als Interimslösung für die Feuerwehr geeignet © L.G.

Für eine Interimslösung der Feuerwehr in der Zeit des Neubaus gibt es bisher keine Entscheidung. Dies soll noch näher untersucht werden. Als potenzielle Standorte hierfür wurden der Parkplatz an der Greinwaldstraße, der alte Volksfestplatz an der Seestraße und auch der Hartplatz genannt. Darüber, ob dessen Nutzung als Interimsfläche mit dem alten Vertrag zu vereinbaren wäre, wurde nicht diskutiert. Die Gemeindeverwaltung wurde beauftragt, bei der Erststellung des Sanierungskonzepts auch die „Aufstellfläche für eine Interimsfeuerwehr unter Berücksichtigung des Hartplatzes“ zu prüfen und dabei die bestehende Vertragslage mit dem TSV Tutzing zu berücksichtigen, was zunächst nicht vorgesehen war. Beim Volksfestplatz als Interimslösung gab Bürgermeister Ludwig Horn zu bedenken, dass es dort nur eine Zufahrt, nämlich die Seestraße, gebe, es würden aber zwei Zufahrten benötigt.

„Sanierungsfahrplan“ über die nächsten sechs bis zehn Jahre

Nicht in den Beschluss aufgenommen wurde ein Vorschlag von Claus Piesch (Freie Wähler), den Hartplatz als dauerhafte Sportfläche zu sichern. Dessen dauerhafte Nutzung als Sportfläche wurde aber in der Aussprache immer wieder als wünschenswert und sinnvoll bezeichnet. Die meisten Gemeinderatsmitglieder plädierten dafür, das Feuerwehrhaus an der Oskar-Schüler-Straße zu belassen und den Hartplatz weiterhin für Sportzwecke zu nutzen. In diesem Sinn äußerten sich in der Sitzung auch Feuerwehr-Kommandant Christoph Knobloch und Paul Friedrich für den Jugendbeirat.

Bis zum Neubau eines Feuerwehrhauses wird es voraussichtlich noch Jahre dauern. Im Beschluss wird ein „Sanierungsfahrplan“ über die nächsten sechs bis zehn Jahre erwähnt. Das Konzept, das die Gemeindeverwaltung ausarbeiten soll, diene als Grundlage für weitere Planungsaufträge, die im nächsten Jahr in Auftrag gegeben werden sollen. In den Beschluss wurde auf Anregung von Dr. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) auch eine genaue Prüfung des Finanzkonzepts von Anfang an aufgenommen. Je nach finanzieller Lage sei eine Errichtung des neuen Feuerwehrhauses auch in zwei Bauabschnitten möglich, sagte Architektin Schreiber. Es müsse nicht alles auf einmal gemacht werden.

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Im Grunde ist es für jede Kommune ein sehr gutes Zeichen, wenn sich viele Bürger im Ort für's Thema interessieren, sich selbst informieren so gut es geht, alles aufsaugen, mitdenken... So wir hier beim Thema Feuerwehr.

Nach dieser Entscheidung vom vergangenen DI weiß nun der ganze Ort, von den einfachen Bürgern über die Feuerwehr bis zum Gemeinderat & Bürgermeister, in welche Richtung es gehen soll.
Somit ist die Zeit gekommen, dass möglichst alle am gleichen Strang ziehen, um die Kräfte im Ort maximal zu bündeln.
Für Tutzing wird das ein richtig großer Brocken, der unser aller Unterstützung brauchen wird
(Bearbeitet)