Bauplanung
24.3.2025
Von Lorenz Goslich

600 Quadratmeter im Fokus

Mindestfläche für Einzelhäuser steht in Tutzing zur Diskussion - Arbeitskreis morgen Thema im Bauausschuss

Der allgemein geforderte bezahlbare Wohnraum soll unter anderem durch „Nachverdichtungen“ geschaffen werden. Als Vorteil einer solchen Vorgehensweise bezeichnet die bayerische Staatsregierung auch die Vermeidung weiterer Eingriffe in die Landschaft. https://www.flaechensparoffensive.bayern/wissen/nachverichtung/ Bestehendes mehr zu nutzen als weiteren Grund zu bebauen, war kürzlich auch eine Forderung bei einer Bürgerwerkstatt zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) von Tutzing.

Plädoyers für Nachverdichtungen scheinen aber im Widerspruch zu einer in Tutzing seit langem geltenden Regelung zu stehen. Die Ortsbausatzung verlangt für die Errichtung von Einzelhäusern eine Mindestgröße von Baugrundstücken: 600 Quadratmeter. Bei Doppelhäusern sind es 900 Quadratmeter. Der „Gartenstadt-Charakter“ von Tutzing soll damit erhalten werden, argumentieren Befürworter dieser Regelung seit langem.

Andere sehen das kritisch: Die ohnehin hohen Baukosten, die sich viele nicht leisten könnten, würden damit zusätzlich kräftig erhöht. Sogar auf einer Immobilienfachtagung hat das Tutzinger Beispiel vor einigen Jahren für Gesprächsstoff gesorgt. Branchenexperten zeigten sich damals verwundert, als sie von der in Tutzing geltenden Mindestgrenze erfuhren. Einer meinte, aus anderen Gegenden seien ihm kaum solche Regelungen bekannt, und fragte: „Wollen die denn in Tutzing, dass bei ihnen nur Millionäre wohnen?“

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Gartenstadt oder dichtere Bebauung? Für die Immobilienpreise ist die jeweilige Grundstücksgröße nicht unwesentlich © BG
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Ein Arbeitskreis des Gemeinderats soll den Weg ebnen

Tatsächlich treiben die hohen hiesigen Grundstückspreise die Immobilienkosten zusammen mit den hohen Baukosten in beträchtliche Höhen. Derzeit liegen die Grundstückspreise in Tutzing in mittlerer Lage bei 1400 Euro je Quadratmeter, in besonders gefragten Lagen bei mehr als 1600 Euro. Selbst für einfache Lagen muss man mit mehr als 1200 Euro je Quadratmeter rechnen. https://www.immoportal.com/grundstueckspreise/tutzing

Nimmt man auch nur den Preis der einfachen Lagen als Maßstab, dann kostet allein ein Grundstück mit 600 Quadratmetern 750 000 Euro. Die Kosten für den Neubau eines Einfamilienhauses einschließlich der Baunebenkosten veranschlagt der Baufinanzierer Dr. Klein Privatkunden AG derzeit durchschnittlich mit 400 000 Euro. Mit abgespeckten Planungen, Eigenleistung und Unterstützung aus dem Verwandten- oder Freundeskreis versuchen manche günstiger wegzukommen, doch nicht selten werden Häuser auch zu erheblich höheren Kosten errichtet.

So oder so wird man für einen Neubau in Tutzing bei einer Mindestgrundstücksgröße von 600 Quadratmetern mit Gesamtkosten von mindestens einer Million Euro, häufig sogar mehr rechnen müssen, zumal alle Einsparversuche wegen vieler Kostensteigerungen allzu oft verpuffen. Wegen erwarteter weiterer Zinssteigerungen – gerade auch im Zuge der kräftig zunehmenden Staatsverschuldung – dürften sich auch die Baukosten noch kräftig weiter erhöhen.

In vielen Regionen weist der Trend bei den Grundstücksgrößen schon lange in die andere Richtung: Tendenziell wird auf immer kleineren Flächen gebaut. Angesichts der hohen Grundstückspreise würden viele, die von einer eigenen Immobilie träumen, eine solche Möglichkeit in Tutzing wohl begrüßen.

Den vielleicht nicht mehr ganz so teuren Weg zur eigenen Immobilie könnte eine Änderung der Ortsbausatzung ebnen. Das ist tatsächlich geplant: Weil die neuen Regelungen der Bayerischen Bauordnung die Einflussmöglichkeiten der Kommunen beträchtlich einschränken, will die Gemeinde Tutzing mehrere Satzungen ausarbeiten, was möglich ist. Aus diesem Grund steht morgen im Bau- und Ortsplanungsausschuss des Gemeinderats ein eigener Arbeitskreis hierfür auf der Tagesordnung. Geändert werden soll in diesem Rahmen unter anderem die Tutzinger Ortsbausatzung für das gesamte Gemeindegebiet. Eine einzige Festsetzung soll es dabei geben: für die Mindestgrößen von Baugrundstücken.

Mehr zum Thema:
Ortsbausatzung vor Änderung

Über den Autor
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Lorenz Goslich

Wirtschafts- und Lokaljournalist, Diplom-Kaufmann, Dr. oec. publ. Schreibt für diverse Medien und liebt seinen Heimatort Tutzing.

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Kommentare

Leider war die Überschrift irreführend, denn um die 600 m2 ging es zu keinem Zeitpunkt. Der nun gegründete Arbeitskreis hat auch nicht diesen Fokus, wie ich "vor Ort" erfuhr.
(Bearbeitet)