
Für das vorgesehene Gebäude-Trio neben dem Tutzinger Krankenhaus standen alle Details eigentlich schon ziemlich fest. Doch nun soll es gegenüber den bisherigen Planungen einige Änderungen geben. Etwas höhere Dachaufbauten sind vorgesehen, die Fassade soll anders ausschauen als im bereits genehmigten Entwurf. Und in der Tiefgarage soll eine so genannte Bohrpfahlwand eingebaut werden.
Da der für die drei Gebäude maßgebliche Bebauungsplan Nummer 74 „Bahnhofstraße/Bräuhausstraße“ fertig ist, sind wegen der Änderungen baurechtliche Befreiungen erforderlich. Und die gibt es: Der Bau- und Ortsplanungsausschuss des Gemeinderats hat die Änderungen in seiner Sitzung am Dienstag befürwortet.

Im Großen und Ganzen soll das Konzept mit drei Bauten nebeneinander - einem Bürogebäude, einem Hotel und einer Klinik - aber so bleiben wie vorgesehen. Damit wird es dann auf dem früheren Gelände von Boehringer-Mannheim und Roche künftig insgesamt fünf Gebäude geben: den Dreicksbau, den Neubau des IT-Unternehmens Lobster und die geplanten drei neuen Bauwerke.
Die drei nun noch vor der Bebauung stehenden Teilflächen gehören seit einiger Zeit dem österreichischen Unternehmen WT 80, das die drei Gebäude auch errichten will. Der Bedarf an einigen Änderungen habe sich im Zuge der Konzeptionierung durch den Generalunternehmer, den Baukonzern Züblin ergeben, sagte Claus Krenstetter, der Geschäftsführer von WT 80. Die meisten Änderungen würden von außen kaum erkennbar sein, versicherte Mathis Malchow, Geschäftsführer des von WT 80 beauftragten Berliner Architekturbüros OOW. Dabei ließ er immer wieder erkennen, dass sein Büro mit den beim Verkauf des Areals an die Österreicher schon weitgehend erarbeiteten Vorgaben zurechtkommen musste und nicht allzu viel Spielraum hatte. Die Baugenehmigungen für die drei Gebäude liegen bereits vor.

Stadtplaner kritisiert Verschlechterung - Architekt spricht von Geschmacksfindung

Für die Optik ist die Fassadengestaltung besonders wichtig. Malchow kündigte eine so genannte Pfosten-Riegel-Fassade an. Die Fenster sollen anders angeordnet werden als vorgesehen, was der Architekt mit Anforderungen an Flexibilität bei der Größe der Büroräume begründete.
Bei Tutzings Stadtplaner Prof. Florian Burgstaller kam das nicht so gut an: Er hält die Änderung eher für eine Verschlechterung, wie er der Gemeinde schriftlich mitgeteilt hat. In der veränderten Form wirke die geplante Bebauung gedrungener, er sehe dies eher als Rückschritt gegenüber der ursprünglichen Planung.
Dazu sagte Malchow, zu solchen Gestaltungsformen gebe es unterschiedliche Auffassungen, es sei eine Frage der Geschmacksfindung. Und er fügte hinzu: „Wir müssen dem Bauherrn abraten, mit einer unflexiblen Fassade an den Markt zu gehen.“

Der Ausschuss folgte den Änderungswünschen - was im Fall der Fassade gar nicht erforderlich gewesen wäre: Deren Gestaltung unterliege keiner rechtlichen Bindung, erläuterte das Tutzinger Bauamt. Für den Bauherrn sei es aber wichtig gewesen, dass die Gemeinde eingebunden werde und zustimme.
Erforderlich war das Einvernehmen der Gemeinde aber bei der Erhöhung der bisher erlaubten Höhe für Dachaufbauten. Malchow begründete sie damit, dass technische Geräte - vor allem Lüftungsgeräte und Klimamaschinen - aufs Dach kommen sollen. Um sie herum soll laut Malchow eine Lärmschutzwand errichtet werden.
Zu der in der Tiefgarage vorgesehenen Bohrpfahlwand sagte Malchow, die Nachbarn hätten eine für die drei neuen Gebäude vorgesehene Unterfangung mit Betonunterstützung nicht vorgesehen.
Pro und contra Neubebauung: Von "viel zu massiv" bis zum "Gewinn für Tutzing"
Gegen die Befreiung bei den Dachaufbauten stimmte Caroline Krug (ödp), gegen die Fassadenänderungen waren Caroline Krug und Stefanie Knittl (SPD), die anderen Beschlüsse waren einstimmig. Die ödp-Gemeinderätin bezeichnete die geplanten Gebäude als „viel zu massiv“. Sie passten wahrscheinlich zu einer Stadt wie Hamburg, meinte sie, aber nicht zu Tutzing, und mit der veränderten Fassade würden sie „wahrscheinlich noch erdrückender“ ausschauen.
Anders sah das Dr. Ernst Lindl (CSU). Er bestätigte, dass es sich nicht um einen „klassischen Tutzinger Stil“ handele, doch das sei bei der früheren Bebauung dieses Geländes ebenso gewesen. „Wir wollten dieses Grundstück intensiv als Gewerbefläche nutzen“, betonte er, „sonst hätten wir es viel kleiner machen müssen - das wollten wir aber nicht.“ Lindl verwies auf die Hoffnungen, dass Tutzing am Ende durch Gewerbesteuereinnahmen profitieren werde, und zog das Fazit: „Irgendwelche Kröten müssen wir schlucken.“
Für Dr. Joachim Weber-Guskar (FDP) ist das Konzept „ein Gewinn für Tutzing“. Es handele sich um ein Gewerbegebiet, für das sich die Gemeinde schon vor Jahrzehnten entschieden habe.
Stefan Feldhütter (Freie Wähler) formulierte es so: „Ich find’s nicht wirklich schön, aber wir können damit leben.“
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Kommentare
Erst recht, wenn es Wirkung aufs örtliche Kleinklima hat!
Wenn schon ein Bau entsteht, der, wie Dr. Lindl zurecht feststellt, nicht dem „klassischen Tutzinger Stil“ entspricht und das bei der früheren Bebauung dieses Geländes ebenso gewesen war, wäre innovatives Weiter-Denken durch Bauherren und Architekten begrüßenswert:
Dachbegrünung ist besser wie ein Sichtschutz und kann technische Aufbauten kaschieren helfen ohne sie zu beeinträchtigen und die beste Fassade wäre (von Anfang an) eine boden- oder besser wandgebundene Fassadenbegrünung gewesen.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Wärmedämmung
- Schutz vor Kälte, Sturm, Hagel, Starkregen und UV-Strahlung; evtl. sogar vor Graffiti
- schlucken Schall und binden Schadstoffe in der Luft wie Feinstaub und Stickoxide
- gilt als Beitrag zum Artenschutz
Nachzulesen unter https://wohnglueck.de/artikel/fassadenbegruenung-vertikale-gaerten-34779